
Zur Bundestagswahl stellt sich die „Gretchenfrage“: Wie hältst du’s mit der Religion? Die Bandbreite reicht von Staatsleistungen über Schutz des Judentums bis zum Umgang mit Muslimen. Ein Blick in die Parteiprogramme.
Berlin (KNA). Das Loriotsche „Früher war mehr Lametta“ beschreibt auch die Berücksichtigung von Kirchen und Religion in den aktuellen Wahlprogrammen zur Bundestagswahl. Beim politischen Newcomer BSW findet sich dazu: null. Am detailreichsten behandelt das Thema die Linke. Zum Schutz jüdischen Lebens und gegen Antisemitismus finden sich außer beim BSW in allen Programmen Passagen, wobei die AfD den Judenhass vorwiegend bei Muslimen verortet.
Bundestagswahlprogramm: Union setzt Linie fort
Die Union will die christlichen Traditionen bewahren und bekennt sich zum Schutz der entsprechenden Feiertage, zur Sonntagsruhe sowie zur „geregelten Kooperation zwischen Staat und Kirche“. Vor früheren Wahlen wurde das noch detaillierter ausgeführt.
Ferner ist der Religionsunterricht für CDU und CSU erklärtermaßen unverzichtbar. Der umfängliche Schutz der Religionsfreiheit und religiöser wie weltanschaulicher Minderheiten sei der Union ein „besonderes Anliegen“.
Foto: Marc-Steffen Unger, Deutscher Bundestag
Erklärtes Ziel ist laut Unionsprogramm „ein lebendiges und vielfältiges muslimisches Gemeindeleben, das sich Deutschland zugehörig fühlt“, aber auch fest auf dem Boden der freiheitlichen Grundordnung stehen müsse.
„Wir schließen Moscheen, in denen Hass und Antisemitismus gepredigt wird“, heißt es. Überdies treten CDU und CSU erneut für eine Imamausbildung in Deutschland und in deutscher Sprache ein. Diese Forderung teilen sie mit AfD und FDP.
Liberale haben wenig zu bieten
Die Liberalen wiederholen darüber hinaus ihre Forderung, das Staatskirchenrecht zu einem Religionsverfassungsrecht weiterzuentwickeln. Was das konkret bedeutet, lassen sie allerdings weiter offen. Ferner halten sie an einer Ablösung der historischen Staatsleistungen an die Kirchen fest. Der inzwischen über 100 Jahre alte Verfassungsauftrag stand auch im Koalitionsvertrag der Ampel.
Zuletzt war das Thema im Spätsommer hochgekocht. Der angekündigte Entwurf der früheren Regierungskoalition für ein sogenanntes Grundsätzegesetz, mit dem die Rahmenbedingungen auf Bundesebene festgelegt werden sollten, wurde jedoch nicht mehr vorgelegt. Denn es gibt massiven Widerstand von den Ländern, die die Kosten in Milliardenhöhe tragen müssten. Die Kirchen indes sind bei dem Thema offen. Neben der FDP hat jetzt nur noch die Linke die Ablöseforderung im Wahlprogramm.
Foto: Andreas Prott, Adobe Stock
Linke beschäftigen sich relativ intensiv mit der Religion
Die Linkspartei fordert auch, dass die Kirchen ihre Kirchensteuern selbstständig einziehen sollten. Bisher geschieht dies über die Finanzämter der Länder, die dafür eine Aufwandsentschädigung einbehalten. Zudem wendet sich die Partei erneut gegen ein Verbot religiös motivierter Bekleidung und damit verbundene Einschränkungen bei der Arbeit, etwa durch das Tragen eines Kopftuchs.
Außerdem sollen das muslimische Zuckerfest und der höchste jüdische Feiertag Jom Kippur staatlich geschützte Feiertage für die Religionsgemeinschaften werden.
Darüber hinaus votiert die Linkspartei wieder für eine Reform der Militärseelsorge, um eine ihrer Ansicht nach gleichberechtigte Betreuung durch alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu garantieren.
Die Linke plädiert ebenfalls für den Sonntagsschutz, kommt aber anders als die Union von der Gewerkschaftsseite. Im gleichen Fahrwasser verlangen die Linken erneut die Abschaffung des eigenständigen kirchlichen Arbeitsrechts. Das Streikrecht etwa müsse auch in Einrichtungen von Diakonie und Caritas gelten, die zu den größten Arbeitgebern in Deutschland zählen.
SPD gewohnt wortkarg – Grüne etwas umfassender
Die SPD hält es knapp: Kirchen und Religionsgemeinschaften leisteten einen wertvollen Beitrag für das Zusammenleben. „Wir fördern den interreligiösen Dialog und schützen die Religionsfreiheit“.“ Ausführlicher kommen Schutz und Förderung jüdischen Lebens vor, allerdings ohne konkretere Umsetzungsideen.
Ähnlich würdigt auch der Programmentwurf der Grünen den Beitrag der Kirchen zum demokratischen und sozialen Zusammenhalt und spricht sich ferner expliziert für das Kirchenasyl aus. Antisemitismus müsse entschlossen bekämpft werden, ältere jüdische Generationen sollten stärker sozial abgesichert werden. Mit einem Aktionsplan gegen Islamfeindlichkeit wollen die Grünen gegen die Diskriminierung von Muslimen vorgehen.
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Religionspolitische Aussagen der AfD zielen gegen Muslime ab
Die AfD will das Kirchenasyl hingegen abschaffen und die Vereinbarung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge mit den Kirchen kündigen.
Die Partei will einer „weiteren Islamisierung“ entgegentreten und die Finanzierung wie den Betrieb von Moscheen und muslimischen Organisationen aus dem Ausland per Gesetz verbieten. Das Tragen von Burka und Niqab (Gesichtsschleier) soll in der Öffentlichkeit untersagt werden.
Zwar gehört nur noch knapp jeder zweite Bundesbürger (47 Prozent) einer christlichen Kirche an, gleichwohl hat die Konfession noch deutliche Auswirkungen auf das Wahlverhalten, wie zuletzt die Forschungsgruppe Wahlen zur Europawahl im Mai zeigte. Katholiken wählen demnach überdurchschnittlich oft die Union, bei den Protestanten fällt eine größere Unterstützung für die SPD auf. AfD und BSW wählten Christen etwas seltener als der Bundesdurchschnitt.
Können die klugen Politiker aller demokratischen Parteien nicht die Problematik „Migrationspolitik“ ausklammern, auf diese offensichtlich sehr hektischen Aktionismen verzichten und etwas Geduld – paar Wochen – haben, bis zur Bildung einer neuen Regierung nach den bevorstehenden Wahlen?! Denn es könnte sehr schief gehen, von Politikverdrossenheit bis zu Wahlboykott etc., was kein treuer Bürger dieses Landes erleben will …. Zumal solches Problemfeld nicht erst in den letzten Wochen entstanden ist!!!
Im Gegensatz zu den Altparteien & zur AfD ist BSW gegen Waffenlieferungen an ,,Israel“, ein extrem wichtiger Punkt, den die IZ mit KEINEM Wort erwähnt hat! Ein bedeutsamer Punkt für alle Menschen mit Ethik, Moral & Menschlichkeit!!!
Sachlich vollkommen richtig, dass der Punkt nicht in dieser KNA-Meldung erscheint. Gehört auch nicht in seinen thematischen Rahmen.
– Denn es geht darum gezielt um die Behandlung des Themas Religion durch die Parteien.
Wir werden in den kommenden Wochen die einzelnen Parteiprogramme zur BTW 2025 vorstellen. Darin wird dieser Aspekt bzgl. der Zustimmungswerte für das BSW unter Migranten bzw. Muslimen erwähnt.
Darüber hinaus haben wir a) bereits in aktuelles Interview zur politischen Entfremdung der Muslimen von bisherigen Parteien auf der Webseite und b) taucht dieser Aspekt Anfang nächster Woche in einem weiteren Beitrag über das Verhältnis der Parteien zu Muslimen und umgekehrt auf.