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Zahl inhaftierter Journalisten steigt auf Rekordhoch

Foto: Henry Nicholls, NTB Scanpix | Lizenz: CC BY-NC

Berlin (KNA). Die Zahl der weltweit inhaftierten Journalisten und anderer Medienschaffender ist nach Angaben von Reporter ohne Grenzen auf ein Rekordhoch gestiegen. Am 1. Dezember saßen demnach 488 Medienschaffende aufgrund ihrer Arbeit im Gefängnis, rund ein Fünftel mehr als vor einem Jahr. Das geht aus der aktuellen, am Donnerstag veröffentlichten Jahresbilanz der Organisation, die sich für Pressefreiheit einsetzt, hervor.

Reporter ohne Grenzen führt den hohen Anstieg vor allem auf die Entwicklung in Myanmar, Belarus und Hongkong zurück. Nach dem Militärputsch im Frühjahr säßen in Myanmar inzwischen 53 Journalisten im Gefängnis, während es ein Jahr zuvor nur 2 gewesen seien. In Belarus stieg die Zahl von 7 auf 32. Die mit Abstand meisten Journalisten sind mit 127 aber weiterhin in China inhaftiert. Auch in Saudi-Arabien (31) und Vietnam (43) sitzen besonders viele Medienschaffende im Gefängnis.

Zu den bekanntesten Inhaftierten zählt etwa der katholische Verleger Jimmy Lai aus Hongkong, der seinen 74. Geburtstag am 8. Dezember hinter Gittern verbrachte. Der Herausgeber der inzwischen von der Regierung eingestellten Zeitung „Apple Daily“ wurde unter anderem wegen einer Gedenkveranstaltung für das Massaker am Platz des Himmlischen Friedens 1989 verurteilt.

Auch Wikileaks-Gründer Julian Assange wird in der Jahresbilanz gesondert erwähnt, da ihm mit einer Gesamtstrafe von 175 Jahren weltweit das härteste Urteil im Zusammenhang mit Journalismus droht.

Ebenfalls Eingang fand die chinesische Bloggerin Zhang Zhan, die 2020 über den Corona-Ausbruch in Wuhan berichtet hatte. Bei ihr ist nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen unter allen derzeit inhaftierten Medienschaffenden aktuell die Gefahr am größten, dass sie in Haft stirbt. Zhang Zhan war aus Protest in Hungerstreik getreten.

46 Journalisten und andere Medienschaffende wurden laut der Jahresbilanz weltweit getötet. Damit ist die Zahl zum ersten Mal seit 2003 wieder unter 50 gesunken. Dennoch werde immer noch fast jede Woche ein Journalist oder eine Journalistin getötet, wie die Organisation betont. Seit 2016 verzeichnet Reporter ohne Grenzen aber eine positive Entwicklung, die vor allem auf stabilisierte Kriegsfronten und Konflikte wie in Syrien, im Irak oder im Jemen zurückzuführen sei.

In Europa – eigentlich die sicherste Region für Medienschaffende – wurden im zurückliegenden Jahr hingegen zwei Journalisten getötet: der griechische Investigativreporter Giorgos Karaivaz und der niederländische Investigativjournalist Peter de Vries. Damit war 2021 für Journalisten in Europa das tödlichste seit 2015, als Terroristen in der Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ in Paris ein Blutbad anrichteten.

Laut Jahresbilanz gelten weltweit zudem 65 Medienschaffende als entführt, 2 werden vermisst. Die Entführungen konzentrieren sich auf die Länder Syrien (44 Fälle), Irak (11) und Jemen (9). Hinzu kommt der französische Journalist Olivier Dubois, der in Mali entführt wurde.

Auch die Zahl inhaftierter weiblicher Journalistinnen stieg mit 60 auf ein Rekordhoch. Das waren ein Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Der Frauenanteil unter den Medienschaffenden im Gefängnis hat sich den Angaben zufolge innerhalb von vier Jahren von 6,6 auf 12,3 Prozent fast verdoppelt. Besonders negativ sticht Belarus in diesem Zusammenhang hervor, wo mehr Frauen als Männer inhaftiert seien. Frauen hatten eine führende Rolle bei den Protesten gegen Machthaber Alexander Lukaschenko.