Bücher: Dr. Ineke van der Valk schreibt über die „Islamfeindlichkeit in den Niederlanden“

(ProMosaik e.V.). Ein neues Buch der niederländischen Forscherin im Bereich der Sozialwissenschaften und Diskursstudien Dr. Ineke van der Valk von der Universität Amsterdam behandelt das Thema der Islamophobie beziehungsweise Islamfeindlichkeit in den Niederlanden. Wer sich in der westlichen Welt im Bereich des interreligiösen und auch interkulturellen Dialogs engagiert, sollte sich nicht nur ein Bild von der Islamfeindlichkeit und den Vorurteilen gegenüber dem Islam in seinem Land, sondern auch in Europa und weltweit, machen.

In diesem Zusammenhang kann man wohl sagen, dass Frau Dr. Ineke van der Valk eine Vorreiterin in den Niederlanden ist. Daher ist auch die Übersetzung eines solchen Werkes von großer Bedeutung, um europaweit das Informationsnetz zum Thema Islamfeindlichkeit weiter auszubauen. Der Verein ProMosaik e.V. hat in Zusammenarbeit mit van der Valk in diesem Jahr die deutsche Version des Buches herausgegeben. Ich finde, dass das Engagement gegen die Islamophobie sehr wohl Teil der interkulturellen und interreligiösen Kommunikation ist.

ProMosaik e.V. widersetzt sich jeglicher Form von religiöser, kultureller und ethnischer Diskriminierung und so auch der Islamfeindlichkeit, die auch in Deutschland ein wichtiges Thema in der Politik und auch in der Öffentlichkeit im Allgemeinen darstellt und von vielen manipuliert und genutzt wird, um die Muslime aus der Gesellschaft auszuschließen. Islamfeindlichkeit ist für mich persönlich eine Form des Rassismus, die sich gegen Menschen richtet, die dem Islam angehören und offensichtlich ethnisch einem muslimischen Volk zugeordnet werden können – unabhängig davon, ob diese Menschen wirklich Muslime sind bzw. den Islam praktizieren oder nicht.

Wie auch viele andere Formen der Diskriminierung schadet Islamophobie am meisten den Musliminnen, weil sie auf mehreren Ebenen davon betroffen sind, vor allem wegen der Abneigung der westlichen Welt gegenüber ihrer Kleidung und Lebensweise.

Wer sich für eine solidarisch und tolerant gestaltete Gesellschaft einsetzt, setzt sich für den Respekt der religiösen Minderheiten und so auch für die Toleranz der westlichen Gesellschaft gegenüber dem Islam ein, indem er oder sie sich dynamisch und effektiv sozio-politisch gegen den Rechtsradikalismus im Hier und Jetzt engagiert. Xenophobie und Islamophobie sind bedauerlicherweise immer mehr ein europäisches, kombiniertes Phänomen und müssen als solches auch wahrgenommen und studiert werden. Daher plädiert die Autorin auch für die wesentliche Bedeutung von Texten über Islamophobie zwecks Bekämpfung der Intoleranz gegenüber dem Islam.

Übersetzungen von Texten über Islamfeindlichkeit können in diesem Zusammenhang dazu dienen, den Daten- und Erfahrungsaustausch zwischen den Ländern positiv zu fördern.

In der Einführung zur deutschen Ausgabe von „Islamofobie en Discriminatie“ schreibt Dr. Rampoldi: „Das Thema der Islamophobie ist aber für mich als Frau und als Muslimin nicht nur ein niederländisches oder europäisches Thema, sondern vielmehr ein Thema, das in den Bereich der allgemeinen Menschenrechte fällt“. Denn die Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht und daher unantastbar.

Im ersten Kapitel definiert Dr. Ineke van der Valk den Begriff der Islamophobie im Rahmen ihres Diskurses über Rassismus, Stigmatisierung und Vorurteile. In diesem Zusammenhang finde ich vor allem den Begriff der Intersektionalität sehr bedeutend, den die Autorin wie folgt definiert: „(…) eine Diskriminierung, die auf verschiedenen, miteinander verbundenen Gründen basiert.“ Dieses Phänomen bezieht sich im Besonderen auf muslimische Frauen, bei denen verschiedene Motive zur Ablehnung und Stigmatisierung von Seiten der westlichen Gesellschaft führen. Die Muslimin wird als eine Frau angeprangert, welche die so genannte Freiheit des Westens herausfordert, indem sie sich muslimisch kleidet und Kinder gebärt.

Der bekannte islamophobe Politiker der PVV, Geert Wilders, der vor allem auch mit seinem islamfeindlichen „Beratungsbrief“ an den Papst wirklich den Höhepunkt nach seinem Film „Fitna“ oder der Seite „Grüne Pest“ erreichte, spricht in diesem Zusammenhang von der muslimischen Frau als einem Werkzeug des islamischen Kinderwagenjihads zwecks Eroberung und Unterwerfung des demokratischen und freiheitlichen Westens.

Zur Gefahr der Islamfeindlichkeit heute mitten in Europa schreibt Dr. Ineke van der Valk treffend: „Obwohl die islamfeindliche Rhetorik regelmäßig die Geschichte der Kreuzzüge, die türkischen Versuche, Europa zu erobern und den kolonialen Orientalismus beinhaltet, sollte die Islamophobie heutzutage vor allem als eine erst vor relativ kurzer Zeit aufkeimende Form des kulturell orientierten Rassismus betrachtet werden, der die eher biologisch orientierte Variante des Rassismus seit den achtziger Jahren überschattete.“

Über diese Gefahr sollten wir uns heute als Musliminnen und Muslime Gedanken machen, denn ein solcher Grad der religiösen Diskriminierung darf nicht unterschätzt werden; vor allem, weil er auch immer wieder nachgeschürt wird.

In den darauffolgenden Kapiteln ihres Buches fokussiert Frau Dr. van der Valk auf die Ausdrucksformen der niederländischen Islamfeindlichkeit im Internet, die von politischen Parteien wie der PVV (Partei für die Freiheit) und den rechtsradikalen und rechtsextremen Gruppierungen verbreitet wird, um virtuelle Islamhetze zu betreiben.

Es folgt ein Kapitel über physische Ausdrucksformen des Islamhasses, der sich in den Niederlanden wie auch in Deutschland in Form von Gewalttaten wie Brandstiftungen und legalen Protesten gegen Moscheen äußert. Dr. van der Valk fragt dann im abschließenden Kapitel, ob die Diskriminierung im Begriff ist, zuzunehmen und hebt auch hervor, wie gefährlich der virtuelle Raum Internet ist, weil gerade hier rechtsradikales Gedankengut verbreitet wird. Im Internet kann man anonym Hetze betreiben und überschreitet somit die Hemmschwelle, die man im öffentlichen Raum als Hindernis empfinden würde, weil man physisch präsent und somit auch gesehen und strafrechtlich verfolgt werden kann. Auch dies trifft aber auch nicht immer zu, wenn ich an die Hooligans und Pro NRW vor kurzem auf der Kölner Demo denke.

Ich finde, dass das Buch vor allem für nicht-niederländische Leserinnen und Leser sehr nützlich sein kann, weil darin erläutert wird, wie sich in einem liberalen Land wie den Niederlanden durch die Herausbildung von Vorurteilen über den Islam und die Hetze durch den islamfeindlichen politischen Diskurs à la Wilders eine intolerante Kultur entwickelte. Sie verfolgt das Ziel, (ausländische) MitbürgerInnen mit islamischer Religionszugehörigkeit aus der Gesellschaft auszuschließen (Begriff der Segregation im horizontalen und vertikalen Sinne) und zu stigmatisieren (Begriff, der meines Erachtens vor allem auf die Diskriminierung der Musliminnen angewendet werden kann).

Ich bin davon überzeugt, dass Studien wie die von Dr. Ineke van der Valk bedeutend dazu beitragen können, den Dialog zwischen den Religionen und Kulturen in den Niederlanden und in der gesamten westlichen Welt neu anzubahnen, indem man vorab Islamophobie analysiert, kennenlernt, bespricht und sich dann dagegen wehrt, indem man sie als ganz besondere Straftat definiert und auch mal die Dunkelziffer in Angriff nimmt. Die Bekämpfung von Islamophobie soll im Rahmen eines friedlichen Dialogs und in Form eines rationalistischen und offenen Diskurses erfolgen, indem es mehr als um Nivellierung der Unterschiede um wahre Information geht.

Respekt bedeutet nicht, dass ich den Standpunkt des Anderen annehmen muss, sondern nur, dass ich seine Würde und seine Religion anerkenne und toleriere. Interreligiöse Erziehung und Erziehung zur Empathie sind somit für mich die Ecksteine des erfolgreichen interreligiösen Dialogs.

Hier finden Sie das Buch:   http://www.amazon.de/Islamfeindlichkeit-den-Niederlanden-Vorwort-Hirsch/dp/3869245883/ref=sr_1_3?s=books&ie=UTF8&qid=1408457104&sr=1-3&keywords=RAMPOLDI