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Das Nasiri-Du’a und sein Autor

Ausgabe 313

Foto: seekersguidance.com

(iz). Imam Muhammad ibn Nasir Ad-Dari, der Autor des bekannten „Nasiri Du’a“ (oder auch „Das Gebet der Unterdrückten“) wurde im Süden Marokkos in bescheidenen Verhältnissen geboren. Ungeachtet der Verhältnisse wurde er zu einer Leuchte seiner Generation. Er lebte in einer politisch schwierigen und turbulenten Periode der Geschichte des muslimischen Marokkos.

Sein Schüler Sidi Al-Hasan Al-Jusi schrieb über ihn: „Er war beteiligt an vielen Wissensgebieten wie Fiqh, Arabisch, Kalam, Tafsir und Tasawwuf. Er war ein Mann der Anbetung, Gewissenhaftigkeit und ein Zahid (jemand, der nur mit dem Nötigsten dieser Welt auskommt). Ein Mann, der die Tariqa etablierte und aus der Quelle der Wirklichkeit trank. Möge Allah ihm barmherzig sein. Obwohl er sich mit den Wissenschaften des Tasawwuf beschäftigte und ihrem Weg folgte, war er großzügig mit äußerem Wissen in Lehre, Schreiben und Aufzeichnen. Möge Allah beide Gruppen von ihm Nutzen ziehen lassen. Leute aus dem Osten und Westen suchten seine Nähe und die Nachwelt profitierte von ihm.“

Trotz der ererbten familiären Armut kam er später zu Wohlstand. Er reiste zwei Mal in seinem Leben von Marokko nach Mekka. Auf seinen Reisen studierte er bei Gelehrten aus Mekka und Medina sowie in Kairo. Nach seiner Rückkehr gründete er ein spirituelles Zentrum (arab. zawijja), wo er viele Schüler hatte. Zu ihm kamen aber auch Suchende, die Kenntnis von der Schari’a und den Hilfswissenschaften des Islam suchten. In der Mitte seines Lebens war der Schaikh ein produktiver Autor, der Bücher zu ganz unterschiedlichen Gebieten verfasste. 

Einer seiner Zeitgenossen, Schaikh Abu Salim Al-‘Ajjaschi schrieb über den Imam, dass er bei all seinen Verfassungen gewissenhaft in der Befolgung der Sunna war – von seiner Kleidung, über Essen und Anbetung bis zum Alltag. Besonderen Wert legte er darauf, seinen Kindern die Wissenschaften des Arabischen nahezubringen, da diese Unterweisung als ein Teil Anbetung erachtet wird.

Schaikh Muhammad ibn Nasir starb 1674, möge Allah mit ihm zufrieden sein. Er hinterließ vorbildhafte Nachkommen. Das lag an der Qualität seiner Führung und der beispielhaften Lehre, die er seinen Kindern hinterließ. Zwei seiner Söhne, Sidi Muhammad und Sidi Ahmad, wurden selbst namhafte Lehrer.

Am bekanntesten ist Muhammad ibn Nasir heute für das nach ihm benannte Bittgebet, das in Reimform immer noch einzeln oder in einer Gruppe rezitiert wird. Darin macht er uns klar, dass wir auf Allah vertrauen und uns in Schwierigkeiten Ihm zuwenden sollen, während wir gleichzeitig die spirituelle Höflichkeit (arab. adab) eines Gottesdieners bewahren müssen. Die Essenz des Gedichts ist stark und mächtig, aber gleichzeitig in einfachen und angenehmen Worten verpackt.

Gleich im Beginn der Qasida – „O Du, zu dessen Barmherzigkeit man flieht! Du, bei dem der in Not und Bedrängnis Zuflucht sucht!“ – ist ihre gesamte Bedeutung enthalten. Er ist gleichsam ihre Zusammenfassung. Die Verse und ihre Anordnung sind tiefer Ausdruck eines vollkommenen Vertrauens auf Allah. Darin betet der Schaikh um Dinge der nächsten Welt genauso wie um Angelegenheiten der diesseitigen.

Das Bittgebet spielte für Marokkaner über die Zeit hinweg eine wichtige Rolle. Ältere Menschen bringen es heute noch mit dem französischen Abzug in der Mitte des 20. Jahrhunderts in Verbindung. Die damaligen französischen Kolonialbehörden waren so beunruhigt angesichts seiner weitverbreiteten Rezitation, dass sie diese in Moscheen, Madrassen und Zawijjas untersagten. Die Marokkaner aber hielten an ihr fest.

Unter Verwendung von Material von Aisha Bewley und Abdassamad Clarke.