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Muslime sind solidarisch mit Geflohenen aus der Ukraine

Ausgabe 322

Foto: Islamische Gemeinde Röhlinghausen, Facebook

Wie der Rest der Republik haben auch deutsche Muslime mit spontaner Hilfsbereitschaft und Solidarität auf die Lage ukrainischer Schutzsuchender und der Muslime dieses Landes reagiert. Von Ali Kocaman

(iz). Seit mehr als einem Monat führen russische Streitkräfte Krieg gegen die Ukraine. Mit Beginn des Einmarsches erreichten uns Bilder, die bei aller gebotenen Zurückhaltung gegenüber elektronischem Content einen bedrückenden Eindruck vermitteln. Bei allen Unwägbarkeiten ist klar: Den Preis dafür zahlen die ukrainische Zivilgesellschaft, ihre Menschen sowie die Infrastruktur des Landes.

Mit Einhelligkeit haben Muslime auf die militärische Aggression Moskaus reagiert. „Der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) äußert tiefe Sorgen über die Verletzung der territorialen Souveränität der #Ukraine durch Russland und fordert die russische Seite auf, das Völkerrecht zu achten“, schrieb das Gremium am 26. Februar auf Twitter. Das Leid der Menschen müsse umgehend beendet werden. Alle Seiten seien aufgerufen, ihre Bemühungen um Frieden zu intensivieren.

Außerdem erklärte sich der KRM bereit, zu den allgemeinen Hilfen für ankommende UkrainerInnen seinen Beitrag zu leisten. Für Nordrhein-Westfalen meldete sich das Bündnis Forum Muslimisches Engagement NRW zu Wort. Es solidarisierte sich mit den Schutzsuchenden. „Wir werden unterstützen, wo immer es geht. Unser aller Ziel ist ein friedliches Miteinander aller Menschen und Kulturen.“

Zeitgleich mit der KRM-Stellungnahme erklärte der IGMG-Vorsitzende Kemal Ergün, dass sein Verband „hilfsbedürftigen Menschen mit Hilfsaktionen zur Seite“ stünde. Man sei jederzeit zur Hilfe bereit. Am 6. März rief der Zentralrat der Muslime (ZMD) seine Mitglieds- und Partnerverbände auf, den Geflüchteten bei Unterbringung, Spenden und weiteren Unterstützungen „solidarisch beizustehen“.

Er habe zudem über seine Wohlfahrtsorganisationen und Patenschaftsbüros, die sozialen Dienste, Beratungen und Betreuungen für ukrainische Geflüchtete ausgeweitet. „Der ZMD ist besonders in Ostdeutschland mit russisch- und ukrainischsprachigen Communitys vernetzt, sodass hier Hilfsangebote gut umgesetzt werden können.“

Moscheen, Vereine und andere Projekte beteiligen sich seit Kriegsbeginn an verschiedenen praktischen Hilfen und Unterstützungsangeboten. So haben die Islamische Gemeinde Röhlinghausen (Herne), die Hamburger An-Nur-Moschee und die islamische Gemeinde Spandau (Berlin) die Unterbringung und Verpflegung von Schutzsuchenden organisiert. Neben der Notversorgung gibt es auch Bildungsangebote. Ein muslimisch-jüdisches Projekt in Berlin Deutschkurse für die Gäste an. 

Dabei helfen auch Menschen mit, die 2015 als Geflohene nach Deutschland gekommen sind. Die Syrer Jamil Hanisch und Najeeb Mshaweh in Herne unterstützen den Transport und Aufbau gespendeter Möbel. Sie begründen ihr Engagement mit der eigenen Erfahrung: „Als die islamische Gemeinde uns kontaktiert hat und gefragt hat, ob wir helfen können, haben wir sofort Ja gesagt. Damals, im Jahr 2015, und danach hat sich die islamische Gemeinde um uns gekümmert. Jetzt leiden die Ukrainerinnen unter demselben Schicksal.“

Die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine beschränkt sich nicht auf die Schutzsuchenden in Deutschland, sie gilt auch dem Land und seinen Muslimen selbst. Wenige Tage nach Kriegsbeginn veröffentlichte unsere Redaktion in Kooperation mit dem Magdeburger Institut für Caucasica-, Tatarica- und Turkestan-Studien (ICATAT) eine Solidaritätsadresse an die ukrainischen Muslime. Diese stehen nicht nur als Ukrainer, sondern auch als autochthone Gemeinschaft unter Druck. Empfänger des Briefes waren die führenden muslimischen Autoritäten, Gemeinden, Bildungseinrichtungen und Medien. Unterzeichnet wurde das Schreiben von Akademikern, Fachwissenschaftlern, Künstlern, Publizisten, Moscheevereinigungen, Imamen und muslimischen Netzwerken.