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Drei Studentinnen berichten von ihrem Alltag in der Pandemie

Foto: Pixabay | Lizenz: CC0 Public Domain

(iz). Die COVID-19-Pandemie hat das Leben vieler Menschen erheblich beeinflusst. Alltägliche Dinge, die vorher zur Routine gehörten, sind jetzt nicht mehr so selbstverständlich. Auch das Leben von Student*innen hat eine drastische Umwälzung erlebt. Diesbezüglich haben wir mit drei Berliner Studentinnen über die Auswirkungen der Pandemie auf ihr Studentenleben gesprochen. (* Nachnamen auf Wunsch anonymisiert)

Islamische Zeitung: Hallo, könntet ihr euch kurz vorstellen und erzählen, was ihr momentan macht?

Esra Z.: Mein Name ist Esra, ich bin 29 Jahre alt, bin in Berlin geboren und aufgewachsen, lebe zurzeit bei meinen Eltern und studiere Pädagogik und Soziologie im 2-Fach-Bachelor an der FHU Erlangen Nürnberg.

Meryem A.: Ich bin Meryem, 21 Jahre alt und studiere Volkswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Melek K.: Hallo, ich bin Melek, 20 Jahre alt, studiere Kindheitspädagogik, jobbe nebenbei und bin ehrenamtlich aktiv.

Islamische Zeitung: In welchem Semester seid ihr gerade?

Meryem A.: Ich bin im fünften Semester.

Melek K.: Ich bin im zweiten Semester.+

Esra Z.: Ich bin im letzten Bachelorsemester und demnächst fertig.

Hause mit den Online-Veranstaltungen und auch Klausuren hat mich auch psychisch etwas belastet, weil ich anfangs die neue Situation etwas unterschätzt habe, aber mit der Zeit konnte ich alles gut überwältigen.

Meryem A.

Islamische Zeitung: Könntet ihr beschreiben, ob und wie die Pandemie euren Studienverlauf beeinflusst hat?

Melek K.: Das meiste fand und findet online statt. Man hat deshalb nicht wirklich die Möglichkeit, neue Leute kennenzulernen.

Esra Z.: Gott sei Dank bin ich durch die Pandemie nicht negativ bezüglich der Klausuren beeinflusst worden, weil ich zu der Zeit mit fast allen Klausuren fertig war. Also hatte ich keine Vorlesungen mehr, die ich per Zoom besuchen musste. Das Einzige, das mich sehr gestört hat, war, dass ich die Uni-Bibliothek nicht mehr besuchen konnte, denn das Lernen in der Bibliothek finde ich viel angenehmer.

Meryem A.: Auch für mich war die Pandemie anfangs eine Herausforderung. Zu dem Zeitpunkt hatte ich nur eine Klausur geschrieben. Plötzlich wurden die Klausuren verschoben und wir mussten erstmal abwarten, wie es weitergeht. Danach wurden Vorlesungen digital durchgeführt. 

Am Anfang war alles ungewohnt und man hat versucht, sich mit der neuen Lage abzufinden. Die Zeit zu Hause mit den Online-Veranstaltungen und auch Klausuren hat mich auch psychisch etwas belastet, weil ich anfangs die neue Situation etwas unterschätzt habe, aber mit der Zeit konnte ich alles gut überwältigen.

Von Vorteil war größtenteils die Bequemlichkeit, würde ich sagen. Statt früh um 8 Uhr im Vorlesungssaal zu sein, war ich in meinem Zimmer und habe an einer Online-Vorlesung teilgenommen.

Esra Z.

Islamische Zeitung: Welche Vor- und Nachteile haben sich für euch ergeben?

Esra Z.: Ich muss sagen, dass ich keine negativen Erfahrungen machen musste, weil ich keine Ersti war. Für die Erstis war der Studienbeginn in der Corona-Zeit sehr schlimm, da sie keine sozialen Kontakte knüpfen konnten. Sie konnten mit den Professor*Innen nicht interagieren, ihre Kommilitonen nicht kennenlernen. Davon war ich nicht betroffen.

Von Vorteil war größtenteils die Bequemlichkeit, würde ich sagen. Statt früh um 8 Uhr im Vorlesungssaal zu sein, war ich in meinem Zimmer und habe an einer Online-Vorlesung teilgenommen.

Meryem A.: Ich denke schon, dass ich die Uni hätte etwas anders erfahren können, wenn wir Präsenzveranstaltungen hätten. Ebenso hätte man mehr Kommilitonen kennenlernen dürfen. Das war in Online-Veranstaltungen etwas schwieriger, aber es haben sich auch Vorteile ergeben. Weil Vorlesungen aufgezeichnet wurden, konnte man sie zu jeder Zeit anschauen.

Melek K.: Ein Nachteil ist, dass man vieles selbst nacharbeiten muss, weil entweder Zoom-Meetings ausfallen, asynchron sind oder man sich nicht wirklich konzentrieren kann, wenn man den ganzen Tag vor dem Laptop sitzt. Außerdem verliert man auch die Motivation und lenkt sich schnell ab. Ein Vorteil ist, dass ich nicht immer 1,5 Stunden hin- und zurückfahren muss.

Ich habe bisher nur eine Klausur in Präsenz schreiben dürfen. Zu dem Zeitpunkt war ich im ersten Semester und dann wurden auch alle anderen Klausuren verschoben. Daher denke ich auch, dass ich einen ganz anderen Studienverlauf hätte. Denn bisher habe ich nur Open Book-Klausuren geschrieben. Wenn ich sie aber in Präsenz schreiben dürfte, könnte ich da einfach mehr inhaltlich festhalten.

Meryem A.

Islamische Zeitung: Denkt ihr, euer Studium hätte ohne Pandemie einen anderen Verlauf genommen?

Meryem A.: Ich habe bisher nur eine Klausur in Präsenz schreiben dürfen. Zu dem Zeitpunkt war ich im ersten Semester und dann wurden auch alle anderen Klausuren verschoben. Daher denke ich auch, dass ich einen ganz anderen Studienverlauf hätte. Denn bisher habe ich nur Open Book-Klausuren geschrieben. Wenn ich sie aber in Präsenz schreiben dürfte, könnte ich da einfach mehr inhaltlich festhalten.

Esra Z.: Ja, definitiv. Als die Pandemie ausgebrochen ist, bin ich zurück zu meinen Eltern nach Berlin gezogen. Studierende im Elternhaus zu sein, ist etwas ganz anderes als in einer anderen Stadt zu leben. Ich muss dazu sagen, ich bin Deutsche mit kurdischem Migrationshintergrund und habe in meiner Familie gewisse Verantwortung zu tragen. Meine Mutter spricht zum Beispiel kein Deutsch, ich muss viel Papierkram erledigen und vernachlässige dadurch meine Uni-Aufgaben. Ansonsten würde ich sagen, dass ich, wenn ich in Nürnberg die Bachelor-Arbeit in anderen Verhältnissen schriebe, besser vorankommen würde, weil es mir möglich wäre, mich nur auf die Arbeit zu konzentrieren.

Melek K.: Ich glaube, ich hätte deutlich weniger Abgaben. Da fast alles online ist, wollen die Dozenten, dass man sich mit den Inhalten intensiver auseinandersetzt, und das wird mit Abgaben überprüft. Außerdem sind Gruppenarbeiten vor allem am Anfang schwierig gewesen, da sich keiner kannte und die meisten im Online-Format zurückhaltender waren, weil die Situation für alle neu und ungewohnt ist.

Islamische Zeitung: Habt ihr die universitären Maßnahmen als effektiv wahrgenommen?

Esra Z.: Die Maßnahmen fand ich angebracht, bis auf die Bibliothek, da mich die Öffnungszeiten und Bedingungen sehr gestört haben. Man konnte sich nur zwei bis drei Stunden in der Bibliothek mit Reservierung und Maske aufhalten. Allgemein war es okay, dass alle Vorlesungen online abgehalten wurden. Ich hätte mir gewünscht, dass Klausuren online stattfinden. Das war bei mir aber nicht der Fall, deswegen musste ich immer nach Nürnberg fahren, um eine Klausur zu schreiben.

Melek K.: In einigen Seminaren hatten wir Präsenz, jedoch musste die Gruppe in zwei- oder dreigeteilt werden, damit man den Abstand einhalten konnte und andere waren nur Online. Das muss so sein, damit man sich nicht ansteckt. Aber die Gruppen waren unterschiedlich schnell mit den Inhalten, sodass einige Gruppen mehr und andere weniger hatten. Die Organisation war schwierig, weil sich gefühlt jede Woche etwas verändert hat. Weil die Dozenten einem spät antworten und auch nicht genau Bescheid wussten, war es teilweise schwierig.

Meryem A.: Ich finde schon, dass die Maßnahmen an der Uni effektiv waren wie die 3G-Regelung. Ich hatte ein sicheres Gefühl, wenn ich zur Uni musste, denn ich hatte Angst, mich anzustecken und dementsprechend auch meine Eltern, da sie zur Risikogruppe gehören.

Da es durch die Pandemie Schließungen im Bereich Restaurants und Einzelhandel gab, haben viele Studenten ihre Jobs verloren.

Esra Z.

Islamische Zeitung: Meint ihr, die Bildungspolitik hat genug unternommen, um den Student*innen entgegenzukommen?

Melek K.: Nein. Ich denke, es wurde viel auf die Pandemie geschoben und wir mussten es halt so hinnehmen. Ich habe durch Mitstudierende erfahren, dass sie Schwierigkeiten hatten bei den Anträgen für Fördermittel.

Esra Z.: Da es durch die Pandemie Schließungen im Bereich Restaurants und Einzelhandel gab, haben viele Studenten ihre Jobs verloren. Unsere Uni hat sich bereit erklärt, den Studenten, die ihren Job verloren haben, 500 Euro bereitzustellen. Also konnte man sich für diesen Fördertopf bewerben.

Meryem A.: Ich bin der Meinung, dass die Bildungspolitik schon sehr wichtige Ansätze hatte, um den Student*innen in dieser schwierigen Zeit zu helfen. Viele in meinem Umfeld haben die Überbrückungshilfen in Anspruch genommen, da sie entweder aufgrund der Pandemie gekündigt wurden oder ihren Job aufgeben mussten, weil sie zur Risikogruppe zählten.

Islamische Zeitung: Was wollt ihr nach dem Studium machen?

Esra Z.: Ich interessiere mich für Schulsozialarbeit. Seit der achten Klasse ist es mein Traum, in dieser Branche tätig zu werden. Wenn ich mein Bachelor-Zeugnis erhalte, werde ich mich auf die Suche machen und habe schon einige Schulen, bei denen ich mich bewerben werde. Ansonsten habe ich auch im Bereich des Jugendamts Interesse.

Melek K.: Nein, das weiß ich noch nicht.

Meryem A.: Mir stehen nach meinem Bachelorstudiengang sehr viele Türen geöffnet. Das heißt, ich kann in viele Richtungen gehen. Ich strebe den Master an, doch denke ich, dass ich erst in die Arbeitswelt einsteigen werde, um einfach mehr Erfahrungen für mich zu sammeln.

Islamische Zeitung: Wir bedanken uns für eure Zeit. (dg)