Frauen, Propaganda und Irakkrieg: Vier aktuelle Bücher, vorgestellt von Massouda Khan.
Heißes Eisen: Frauen im islamischen Recht
(iz). Zu den inhaltlichen Dauerbrennern gehören alle Themen, die sich unter dem Schlagwort „Frauen im Islam“ subsumieren lassen. Eines dieser „heißen Eisen“ ist die Hypothese, sie seien strukturell benachteiligt im „islamischen Recht“.
Schaikh Muhammad ibn Qasim Al-Ta’will (Mufti von Fes, der an der Zentralmoschee der Qairawiyyin lehrt) hat mit der englischen Übersetzung „There is no Male-Preference in Islamic Law“ seines gleichnamigen arabischen Buches einen wichtigen Beitrag zur Vertiefung der Debatte im US-amerikanischen Verlag Lamppost veröffentlicht.
Das Buch weist die weit verbreitete Behauptung, der Islam sei von Natur aus männlich geprägt und benachteilige die Frauen, als falsches Stereotyp zurück, das mit dem Ziel verbreitet werde, Musliminnen und andere von ihrer einzigartigen moralischen Tradition zu entfremden.
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Manche Gegner habe sich die Unkenntnis der Muslime über ihre Religion durch die Kolonialisierung und ihre kolonialen Befürworter zunutze gemacht, indem sie die religiöse Erziehung untergraben, den Islam aus dem öffentlichen Leben entfernen und ihn durch säkulare Gesetzbücher ersetzt haben, wodurch die muslimische Kultur verändert wurde.
Das Buch ist in drei Kapitel unterteilt: (1) eine Einleitung; (2) ein Kapitel, das die Behauptung der männlichen Voreingenommenheit im Fiqh widerlegt; und (3) ein drittes Kapitel, das die Geheimnisse hinter den rechtlichen Unterschieden zwischen Männern und Frauen beleuchtet.
Der Autor erklärt in seiner Einleitung, dass der Hauptgrund für die Verwirrung der Islamkritiker in einer Fehlannahme bestünde. Diese würden dem Trugschluss unterliegen, die Rolle von Juristen darauf zu verengen, ihre Urteile nach dem männlichen Vorteil auszurichten.
Al-Taʾwīl weist diesen Irrtum zurück. Er stellt klar, dass die Aufgabe des Rechtsgelehrten immer nur darin besteht, die Offenbarung zu erläutern. Sie kommen zu ihrem Wissen auf Grundlage der ihnen zur Verfügung stehenden Interpretationswerkzeuge.
Wenn es zu Irrtümern kommt, beruht dieser darauf, dass die Quellen nicht verstanden und die Rechtsgrundsätze falsch angewandt werden, nicht an der Feindseligkeit gegenüber Frauen oder an geistiger Korruption. Zu den Themen, die in Kapitel 2 behandelt werden, gehören das Recht der Frau, Moscheen zu besuchen, die Rolle, die sie in ihrer eigenen Ehe spielt, die finanziellen Rechte einer Geschiedenen und einer Witwe und so weiter.
Der Autor hebt in jedem Unterabschnitt Fälle von männlichen Rechtsgelehrten hervor, die sich für die Interessen der Frauen einsetzten, während ihre weiblichen Kollegen sich gegen dieselben Interessen stellten. Dies geschieht, um die Tatsache zu unterstreichen, dass weder maskuline oder feminine muslimische Rechtsgelehrte in ihren juristischen Überlegungen von der Liebe zu ihrem eigenen Geschlecht oder vom Hass auf das andere motiviert sind. (Dr. Abdullah bin Hamid Ali)
* Shaykh Muhammad Al-Ta’will, There Is No Male Preference in Islamic Law, Lamppost 2022, Paperback, 77 Seiten, ISBN 9780976970880, Preis kann je nach Anbieter variieren.
Frauen: Einblicke aus der Binnenperspektive
Bücher zum Thema „Frauen“ sind beinahe so alt, wie es in Deutschland schon „Islamdebatten“ modernen Typos gibt. Gekennzeichnet sind sie entweder durch eine „objektive“ Perspektive von außen, ohne das Musliminnen als Subjekte wahr- und ernstgenommen werden. Oder aber sie sind aus radikaler Sichtweise geschrieben, welche die oft grellen Erinnerungen der Autorinnen verallgemeinern.
Es hat Jahre gebraucht, bis sich die weibliche Binnenperspektive von Musliminnen einen Weg bahnen konnte. Mittlerweile hat sich das bis zu einem gewissen Grad geändert. Der neue, bei Patmos erschienene Band „Heraus aus dem Schatten. Musliminnen erzählen, wie sie wirklich leben“ vereint 25 Selbstzeugnisse gebürtiger Musliminnen und „Konvertitinnen.
Herausgegeben wurde das Buch gemeinsam von der Künstlerin und Volkswirtschaftlerin Sabine Megharia, von Lehrerin und Trainerin für Resilienz Amina Salaho, der studierten Ernährungswissenschaftlerin Suhila Thabti-Megharia sowie der Architektin und Fachfrau für Städtebau Sara Zorlu.
36 sehr unterschiedliche Frauen – mit diversen Bildungshintergründen und Herkünften – wollen mit ihren Texten dazu einladen, sie jenseits von Klischees „über Muslime“ kennenzulernen. „Die Beiträge zeichnen ein buntes, vielfältiges Bild über das Leben und den Glauben moderner muslimischer Frauen im deutschsprachigen Raum“, schrieb der Patmos Verlag in einer Ankündigung.
* Megharia, Salaha, Thabti-Megharia, Zorlu (Hg.), heraus aus dem Schatten. Musliminnen erzählen, wie sie leben, Patmos Verlag 2023, Hardcover, 258 Seiten, ISBN 978-3-8436-1432-0, Preis: EUR 24.-
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Einführung in Propaganda mit leichten Schwächen
Es gehört zu den banalen Gemeinplätzen, dass die Wahrheit das erste Opfer des Krieges ist. Mit mindestens der gleichen Berechtigung ließe sich sagen, dass die Opfer die erste Wahrheit eines Krieges sind. Wie dem auch sei: Nicht erst seit der Erfindung des Internets spielen Propaganda und Medienmanipulation in bewaffneten Konflikten eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Nun hat der Historiker, Autor und Journalist Christian Hardinghaus mit „Kriegspropaganda und Medienmanipulation. Was Sie wissen sollten, um sich nicht täuschen zu lassen“ eine kompakte Einführung und – in gewissem Sinne – einen Ratgeber für mehr Medienkompetenz im Europaverlag veröffentlicht.
In fünf Kapiteln widmet sich Hardinghaus kompetent und verständlich seinem Dreiklang: Propaganda erkennen, verstehen und entlarven. Im Kernteil des Buches analysiert er nach einer Einführung in die Methoden und Prinzipien der Kriegspropaganda Schlüsselkonflikte des 20. und 21. Jahrhunderts: die beiden Weltkriege, Vietnam, den zweiten Golfkrieg 1990-91, den Kosovo-Krieg, den Irak-Krieg 2003 und Syrien als Beispiel für digitale Informationskriege. Im fünften Kapitel geht es um die Gegenwart: die Propaganda beider Seiten im russischen Krieg gegen die Ukraine.
Unabhängiger Journalismus ist für den Autor nicht nur in Kriegsgebieten unmöglich geworden, sondern steht auch in Deutschland „auf dem Prüfstand“. Umso wichtiger sei es, „dass wir als Medienkonsumenten und demokratische Bürger nicht nur über die Gefahren der Propaganda aufgeklärt werden, sondern auch alle ihre Methoden kennen, um uns vor Manipulationen aller Art weitestgehend schützen zu können“.
An dieser entscheidenden Stelle zeigt sich eine der grundsätzlichen Schwächen von Hardinghaus, die verhindern, dass aus dem nützlichen Buch ein hervorragendes wird. Seine Beispielsammlung – wie im zentralen Kapitel über Kriege – ignoriert alle Konflikte der letzten 100 Jahre, die von nicht-westlichen Akteuren ausgelöst wurden.
Darüber hinaus ignoriert der Autor viele Lektionen der letzten Jahre über die Nutzung sozialer Plattformen durch populistische Bewegungen oder ausländische Regierungen. So bleibt am Ende der Eindruck, Propaganda sei nur ein Problem der deutschen (und westlichen) Medien beziehungsweise Politik. (Sulaiman Wilms)
* Dr. phil. Christian Hardinghaus, Kriegspropaganda und Medienmanipulation. Was Sie wissen sollten, um sich nicht täuschen zu lassen, Europaverlag 2023, gebunden, 232 Seiten, ISBN 978-3-95890-563-4, Preis: EUR 24.–
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Erinnerungen an Saddams Fall
Vor 20 Jahren begann der jahrelange Krieg im Irak. Seine fatalen Folgen in der Region halten an.
Nun hat der Journalist Ghaith Abdul-Ahad seine englischsprachigen Memoiren „A Stranger in Your Own City“ über diese verheerende Phase nahöstlicher Geschichte veröffentlicht.
Historiker und Journalisten befassen sich weiterhin mit Rechtfertigungen und Motiven des Krieges. „A Stranger in Your Own City“ – eine „Dezentrierung des Westens in der Geschichte und gegenwärtigen Situation der Region“ – ist ein herausragendes Werk in diesem gesättigten Feld. (Cyma Hibri)
* Ghaith Abdul-Ahad, A Stranger in Your Own City: Travels in the Middle East’s Long War, Knopf 2023, gebunden, 320 Seiten, ISBN 978-0593536889, Preis: EUR ab 29,75 (weitere Formate erhältlich)