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Helfer warnen vor Hungersnot in Afghanistan – Truppenabzug läuft

Foto: Bundeswehr/Andrea Bienert

Kabul/Berlin (KNA). Jeder dritte Einwohner Afghanistans kann sich nicht mehr ausreichend ernähren. Das meldet das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen WFP am Dienstag unter Berufung auf eine Studie, die von der afghanischen Regierung und ihren Partnern veröffentlicht wurde. Zuvor hatte bereits die Hilfsorganisation Care Alarm geschlagen.

Die Gründe für die aktuellen Engpässe sind laut dem Bericht zur integrierten Klassifizierung der Ernährungssicherheit (IPC) vielfältig. Dazu zählen Konflikte, die Folgen der Corona-Pandemie, ein sprunghafter Anstieg der Nahrungsmittelpreise, eine hohe Arbeitslosigkeit sowie „der Beginn des komplexen und wiederkehrenden Wetterereignis La Nina“, das landesweit für Trockenheit sorgt.

„Die Regierung bereitet sich darauf vor, auf die bevorstehende Dürre zu reagieren“, sagte der afghanische Minister für Landwirtschaft, Bewässerung und Viehzucht, Anwarul Haq Ahady.

„Millionen von afghanischen Familien kämpfen bereits ums Überleben, und jetzt stehen sie vor der zweiten Dürre in drei Jahren. Ein Sack Weizen ist 30 Prozent teurer als im Vierjahresdurchschnitt. Arbeitsplätze sind rar“, sagte Mary-Ellen McGroarty, WFP-Landesdirektorin in Afghanistan. „Wir müssen jetzt handeln, Nahrungsmittel näher an die Menschen bringen und irreversible Mangelernährung bei Müttern und Kindern verhindern, die am stärksten betroffen sein werden.“

Gleichzeitig lobten die Helfer eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen der afghanische Regierung und der internationalen Gemeinschaft. Allerdings gebe es erhebliche Finanzierungslücken für humanitäre Organisationen. Ähnlich hatte sich am Montag bereits die stellvertretende Länderdirektorin von Care, Marianne O’Grady, geäußert. Auch sie schilderte die Lage als dramatisch. Vielfach ernährten sich die Menschen nur noch von Reis und grünem Tee.

Afghanistan steht vor großen Herausforderungen – nicht nur durch den Kampf gegen Corona und die drohende Dürre sondern auch durch den Abzug der internationalen Truppen und die weiter schwelenden Konflikte mit den Taliban und anderen radikalislamischen Gruppierungen. Gegenüber dem rbb-Inforadio bekräftigte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), afghanische Ortskräfte nach Deutschland holen zu wollen. „Ich teile, dass wir eine Verpflichtung haben, diese Menschen, die uns im Einsatz unterstützt  haben, jetzt auch nicht in Afghanistan allein zu lassen“, so die Ministerin. Dafür müssten bürokratische Hürden abgebaut werden, um den Betreffenden die Einreise zu erleichtern.

Die USA und ihre NATO-Partner hatten am 14. April das Ende ihres annähernd 20 Jahre andauernden Afghanistan-Einsatzes angekündigt. Der Truppen-Abzug soll bis spätestens zum 11. September 2021 abgeschlossen sein. Geplant ist, dass die Soldaten der Bundeswehr bis zum 4. Juli nach Deutschland zurückkehren.