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Uiguren: VW-Chef sieht keine Menschenrechtsverletzungen

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Foto: Adobe Stock

Die Lage der Menschenrechte von Uiguren im westchinesischen Xinjiang ist für VW ein heikles Thema. Etliche Stimmen fordern von dem Konzern, seine Präsenz in der Uiguren-Region zu überdenken. Der zuständige Vorstand sah dort nun persönlich in einem Werk vorbei. Mit welchem Ergebnis?

Uiguren: Vorstand hält an Einschätzung fest

Peking/Wolfsburg (dpa). Der Volkswagen-Konzern will auch nach einem Besuch seines China-Vorstands Ralf Brandstätter in dem umstrittenen Werk in der Region Xinjiang an dem Standort festhalten. „Natürlich kennen wir die kritischen Berichte, wir nehmen das sehr ernst“, sagte der Manager zu Darstellungen, denen zufolge es in der Westprovinz eine systematische Unterdrückung der muslimischen Uiguren geben soll. „Aber wir haben keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen in diesem Werk – das hat sich nach meinem Besuch nicht geändert.“

Brandstätter war Mitte Februar für zwei Tage in die Stadt Ürümqi gereist, um sich in der örtlichen Fabrik umzusehen. „Ich habe keine Widersprüche festgestellt“, meinte Volkswagens China-Chef. „Ich habe keinen Grund, an den Informationen und meinen Eindrücken zu zweifeln. Ungeachtet dessen schauen wir natürlich trotzdem weiter hin.“

Man habe nur begrenzte Möglichkeiten

Man habe nur begrenzte Möglichkeiten, weil eine Tochter des nicht von VW kontrollierten Gemeinschaftsunternehmens mit dem chinesischen Partner SAIC das Werk betreibe, sagte der Leiter der Außenbeziehungen des Konzerns, Thomas Steg: „Entscheidungen können nur einvernehmlich getroffen werden – es gibt bestehende Verträge. Mit unserem Partner SAIC stimmen wir darin überein, dass in gemeinsamen Unternehmungen Grundwerte und Recht eingehalten und geschützt werden müssen.“

Das 2012 gestartete Werksprojekt in Ürümqi sei interessant gewesen, weil die Autonachfrage in der recht strukturschwachen Region als hoch eingeschätzt wurde. Im Laufe der Zeit habe sich das Klima gewandelt, erklärte Steg – auch weil sich die Politik der chinesischen Regierung in der autonomen uigurischen Region etwa nach einem Terrorattentat verändert habe. Nach Angaben mancher Nichtregierungsorganisationen soll es in Xinjiang unter anderem Umerziehungslager geben.

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UN-Menschenrechtler sprechen von Verstößen

Ein Bericht des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte hatte im vergangenen Jahr von schwerwiegenden Verstößen in der Gegend gesprochen. „Wir sind in der Tat tief besorgt über die Feststellung in diesem Bericht und haben ihn uns sehr genau angesehen“, sagte Steg. „Wir haben die Situation niemals ignoriert oder auf die leichte Schulter genommen, sondern immer wieder deutlich gemacht, dass der Volkswagen-Konzern weder Zwangsarbeit noch andere Formen der Diskriminierung duldet.“

Brandstätter schilderte sein eigenes Bild: „Das Werk unterscheidet sich nicht von anderen Werken der Joint-Venture-Gesellschaften in China. Ich habe ein engagiertes Team kennengelernt. Es wird für ein gutes Betriebsklima gesorgt, auch durch gezielte Integrationsmaßnahmen. Zudem wird offensichtlich großer Wert auf ein gutes Miteinander gelegt.“ Brandstätter hatte im vergangenen Sommer den Posten der China-Chefs übernommen und zu Beginn dieses Jahres betont: „Wir dulden keine Zwangsarbeit, auch nicht bei Zulieferern oder Personalvermittlern.“ Es gebe regelmäßige Stichprobenkontrollen.

Derzeit produzieren VW und SAIC in Ürümqi keine eigenen Fahrzeuge, sondern nehmen dort aus anderen Fabriken zugelieferte Wagen technisch in Betrieb. 2023 sollen es laut Brandstätter rund 10 000 Stück sein, die anschließend an regionale Händler verteilt werden. Noch knapp 240 Beschäftigte seien aktuell am Standort im Einsatz – erheblich weniger als vor der Corona-Krise. Weil es keine lokale Zuliefererstruktur gebe, bestehe momentan auch kein Bedarf an detaillierteren Analysen zu den Arbeitsbedingungen bei konkreten, einzelnen Lieferanten.

Brandstätter sagte, er habe einen ausführlichen Rundgang durch das Werk gemacht. Mit sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe es zudem ein längeres Gespräch gegeben – unter ihnen Uiguren sowie Repräsentanten weiterer Gruppen wie Kasachen und Han-Chinesen. Regierungs- oder Verwaltungsvertreter seien nicht dabei gewesen.

29 Prozent der Beschäftigten in Ürümqi gehörten Minderheiten an, 17 Prozent seien Uiguren. „Die verschiedenen Bevölkerungsgruppen sind in etwa gleich verteilt über Produktion, technische Berufe und auch das Management.“ Drei Viertel der Beschäftigten seien nach Daten des Partners SAIC bereits seit acht Jahren oder länger dort angestellt.

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Betriebsrat mahnt Verantwortlichkeit an

Der VW-Betriebsrat unterstrich, ein formal gesehen fehlender direkter Durchgriff auf die Abläufe in dem Werk „entbindet den Konzern nicht davon, sich den Themen zu stellen und dazu aktiv zu positionieren“. Generell blicke man mit großer Sorge auf das Thema Menschenrechte in China. „Die Fakten, die der Weltgemeinschaft diesbezüglich gerade über Xinjiang vorliegen, sind unmissverständlich“, hieß es aus der Belegschaftsvertretung in Wolfsburg. Die Leitung müsse die Funktion des Standorts genau begründen. „Umso stärker muss auch klar werden, welche Rolle dem Werk Ürümqi zukommt und inwieweit es hilft, dort unsere Werte über den Werkszaun hinaus ausstrahlen zu lassen.“

Laut Steg laufen die bestehenden Verträge mit SAIC dort noch bis Anfang der 2030er Jahre. „Und wir entnehmen aus den Gesprächen mit SAIC, dass der Partner das Werk nicht infrage stellt.“ China bleibe für VW ein zentraler Absatzmarkt und Technologietreiber gleichermaßen. Kritische Stimmen berücksichtige man: „Wir suchen den Austausch. Falls es weiter solche Studien und Erkenntnisse gibt, werden wir unsere Joint-Venture-Partner damit konfrontieren.“