
Wahlkampf 2025: CDU-Chef Merz und Union finden trotz AfD-Zustimmung keine Mehrheit für ihren Gesetzesentwurf zur Migration.
Berlin (dpa, iz). Der wegen der Unterstützung durch die AfD heftig diskutierte Gesetzentwurf der Unionsfraktion zur Begrenzung der Migration ist im Bundestag gescheitert. Sitzungsleiterin Petra Pau teilte mit, das „Zustrombegrenzungsgesetz“ habe keine Mehrheit gefunden. Demnach gaben 692 Abgeordnete namentlich ihre Stimmen ab: 338 Ja-Stimmen, 349 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen.
Besonders schmerzhaft für Unionschef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz, dass er für die im Vorfeld heft umstrittene Abstimmung nicht auf alle Wahlstimmen von CDU/CSU und nicht der FDP (zwei Gegenstimmen) zählen konnte. 12 Unionsabgeordnete hatten ihr Votum verweigert. Bei den Liberalen, darunter auch der frühere Justizminister Buschmann, votierten ebenfalls nicht; außerdem enthielten sich fünf Abgeordnete ihrer Stimme. Merz zeigte sich insbesondere darüber enttäuscht.
Wahlkampf 2025: Was wollte Merz eigentlich?
Mit der Abstimmung über das „Zustrombegrenzungsgesetz“ wollte der Unionskanzlerkandidat unter dem Eindruck des tödlichen Messerangriffs von Aschaffenburg Tatkraft und Handlungsstärke in der Migrationspolitik demonstrieren.
Doch auch nach stundenlangen Verhandlungen mit SPD, Grünen und FDP gelang kein Kompromiss, bei dem abgestimmt werden konnte, ohne dass der AfD eine entscheidende Rolle zugekommen wäre – und dann scheiterte der Antrag seiner Fraktion am Ende auch noch im Plenum.
Foto: UN Women, flickr
Wer in Merz einen Hardliner sah, der im Werben um AfD-Wähler die nötige Distanz zur politischen Konkurrenz rechts der Union vermissen lässt, dürfte sich nun bestätigt fühlen. Wer sich vom Unionskanzlerkandidaten hingegen Maßnahmen für mehr Abschiebungen und weniger Fluchtmigration versprochen hatte, dürfte ebenfalls enttäuscht sein – schließlich kam für den Gesetzentwurf der CDU/CSU am Ende nicht die nötige Mehrheit zustande.
Der Kanzlerkandidat der Union steht weiterhin hinter dem Vorhaben
Merz bekräftigte, dass sich die CDU nicht von der AfD abhängig machen sollte. Er habe der AfD nicht die Hand gereicht. Man habe einen Antrag eingereicht, sagte Merz bei einer Wahlkampfveranstaltung in Erfurt.
„Wir haben einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht, der nach unserer Überzeugung, der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, der richtige Antrag war, um wenigstens ein Teil des Problems der Zuwanderung zu lösen“, sagte er. Da schaue er nicht, wer zustimme oder nicht.
Merz lobte die Debatte im Bundestag: „Ich fand, es war die Sache wert, dass wir uns heute mal wirklich offen ausgesprochen haben über das Thema Einwanderung und Migration.“ Es sei heftig gewesen, und es habe geknallt.
Gegrummel: Unzufriedene Stimmen aus der eigenen Partei
Merz wird auf seine Niederlage reagieren müssen. Statt wie zunächst angekündigt im Wahlkampf über Wirtschaftspolitik zu sprechen, dürfte sich der CDU-Chef vor allem mit der Frage herumschlagen müssen, ob die von ihm beschworene „Brandmauer“ zur AfD hält.
Aus der eigenen Partei ist ein Grummeln über die Taktik von Merz zu hören – auch wenn er in seiner Fraktion breiten Rückhalt genießt. Auf der Straße demonstrieren Tausende gegen eine mögliche Zusammenarbeit der Union mit der AfD. Merz habe SPD, Grünen und AfD mit seinem Vorgehen zudem ein regelrechtes Mobilisierungsprogramm geliefert, hieß es kritisch in den eigenen Reihen.
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Scholz: Merz „hat sich verzockt“
„Er hat sich verzockt, aber viel schlimmer ist, dass er gezockt hat“, sagte der SPD-Kanzler in den „Tagesthemen“»” der ARD. Merz habe das Tabu gebrochen, mit extremen Rechten zusammenzuarbeiten – ein Tabu, über das Merz im November noch selbst gesprochen habe.
„Nun hat er es versucht und einmal gemacht, und das ist nicht gut für die Zukunft unseres Landes“, sagte der scheidende Kanzler mit Blick auf die Abstimmung am Mittwoch, bei der sich Merz mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit für einen Antrag für mehr Zurückweisungen an den Grenzen verschafft hatte. „Also ein wahrscheinlich historischer Tag, aber kein guter.“
Das Thema Migration überlagert alle anderen wichtigen Themen
Die Grünen wollten vor der Bundestagswahl am 23. Februar mit eigenen Inhalten werben: funktionierende Infrastruktur, bezahlbares Leben, Klimaschutz und soziale Absicherung. Doch dürfte die Warnung vor einem möglichen Rechtsruck für die Partei erneut zum beherrschenden Thema werden. Genau das hatte sie vermeiden wollen nach mehreren erfolglosen Länder-Wahlkämpfen mit dieser Strategie.
Die SPD ist schnell umgeschwenkt: Seit Tagen wirbt sie in sozialen Medien für ein Bollwerk gegen den rechten Rand, nach dem Motto „Mitte statt Merz“. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Kurs vorgegeben mit der Warnung, der Unions-Kandidat könne womöglich ein schwarz-blaues Bündnis eingehen.