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Auch für Muslime wichtig: Medien brauchen Kompetenz

Ausgabe 331

Foto: Alexander Khitrov, Shutterstock

(iz). Niemand käme auf den absurden Gedanken, sich beispielsweise bei seinem Mechaniker des Vertrauens nach einer Zahnbehandlung zu erkundigen oder umgekehrt seinen Zahnarzt zum besten Zeitpunkt für einen Wechsel des Ölfilters zu fragen. Geht es um Medien, ihre Inhalte und die Berichterstattung halten sich viele Menschen in Deutschland hingegen für qualifiziert und berufen, auf jeden Fall mitzureden. Im Sinne des Dunning-Kruger-Effekts neigen die meisten von uns dazu, das eigene Wissen und Können zu überschätzen.

Dieses und andere Phänomene wie der Bestätigungsfehler (confirmation bias) haben eine direkte Wirkung auf die Kompetenz von Mediennutzern – mit in den letzten Jahren teils drastischen Folgen. Das führte in Deutschland unter anderem dazu, dass Forderungen lauter werden, schulische Inhalte anzubieten, um die Medienkompetenz bei Kindern und Heranwachsenden zu fördern.

Gerade wir hiesigen Muslime sind gleich mehrfach von der Frage des medialen Sachverstands betroffen. Wir sind einerseits Teilmenge des deutschen Publikums und nehmen in wachsendem Maße als „Content-Lieferanten“ in der Gestalt von JournalistInnen und BloggerInnen an Medien teil. Andererseits wenden sich im Rahmen der zunehmenden Institutionalisierung muslimischer Strukturen immer mehr Einrichtungen und Vereine über diverse Kommunikationskanäle an die hiesige Öffentlichkeit. Und schließlich sind MuslimInnen seit Langem schon, im Unterschied zu anderen Elementen unserer Zivilgesellschaft, Objekt von Berichterstattung.

Die Existenz dieser Ebenen – und ihre teilweise Überschneidung – fordert von der muslimischen Community eine ernsthaftere Beschäftigung mit und Verstärkung der Medienkompetenz, als es für Otto-Normalverbraucher der Fall sein dürfte. Als „Konsumenten“ und „Produzenten“ von medialen Inhalten müssen wir nicht nur verstehen, welche Auswirkungen verschiedene Aspekte wie Algorithmen, Wettbewerb am Medienmarkt, klickzahlbasierte Berichterstattung, Echokammern & Filterblasen u.v.a.m. auf Medien haben.

Wir müssen Medien auch als Frage gesellschaftlicher Machtverhältnisse betrachten. Daher ist es wichtig zu erkennen, dass der kompetente Umgang mit ihnen nicht nur individuelle Muslime betrifft. Er sollte im Zentrum unserer kollektiven Selbstverantwortung stehen. Der Brite Yahya Birt hat in einem Aufsatz über die MuslimInnen seines Landes zurecht angemerkt, dass sie bisher kaum professionelle Strukturen gefördert haben. Eine Feststellung, die wir auf unsere Verhältnisse übertragen können.