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In Osnabrück sollen Imame ausgebildet werden

Foto: imago | Reinhard Kurzendörfer

Immer häufiger werden islamische Lehrer, Theologen und auch Imame in Deutschland ausgebildet. Eine neue Einrichtung in Osnabrück schlägt nach eigenen Angaben nun einen ganz eigenen Weg ein. Von Alexander Riedel

Berlin (KNA/iz). Die Broschüre des neuen Islamkollegs Deutschland (IKD) zur Ausbildung von Imamen ziert eine lächelnde Muslimin – und das ist durchaus als Statement zu sehen. Zwar stehe die Meinung, dass auch Frauen Imame werden könnten, im Islam etwas am Rande, aber sie existiere, sagte der Vorsitzende des Kollegs, Esnaf Begic, am 27. Oktober in Berlin bei der Vorstellung der Institution. Prinzipiell wolle man einen „uneingeschränkten Zugang“ zu der Ausbildungsstätte gewährleisten.

Von seinem Sitz in Osnabrück aus will das IKD ab April 2021 erstmals eine verbandsübergreifende bundesweite Ausbildung von Imamen und anderem religiösen Personal wie Gemeindepädagogen oder Seelsorgern anbieten – und das nach einem zu hiesigen Werten und Einstellungen passenden Muster. Nach eigenem Verständnis schließen die Initiatoren – islamische Theologen, muslimische Personen des öffentlichen Lebens und Verbände wie der Zentralrat der Muslime in Deutschland oder das Bündnis Malikitischer Gemeinden Deutschland – damit eine Lücke.

Andere Strukturen wie die DITIB, der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) oder die Gemeinschaft Millî Görüş betreiben inzwischen zwar ebenfalls die Ausbildung von religiösem Personal in Deutschland. Doch das „Alleinstellungsmerkmal“ des IKD sei, dass dort die Ausbildung komplett auf Deutsch absolviert werde, erläutert Begic. Entsprechende Sprachkompetenzen seien Zugangsvoraussetzung.

Zudem sollten die angehenden Imame vor der zweijährigen Ausbildung in der Regel bereits ein Studium der islamischen Theologie abgeschlossen haben. Sieben Bereiche soll der praktische Lehrgang umfassen: Predigtlehre, Qu’ranrezitation, Seelsorge, politische Bildung, gottesdienstliche Praktiken, Gemeindepädagogik und soziale Arbeit. Die Details müssen noch ausgearbeitet werden. Bis zu 30 Plätze sind am Kolleg vorgesehen. Für bereits tätige Imame soll es auch Fortbildungen geben.

Mit dem IKD wolle man „zur erfolgreichen Beheimatung der Muslime in Deutschland beitragen“, erklärte der Vorsitzende Begic. Einen wichtigen Impuls dafür erhofft sich auch das Bundesinnenministerium, das das Kolleg neben dem Land Niedersachsen im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz seit dem Sommer als Modellprojekt fördert.

Bislang arbeiten in deutschen Moscheen vor allem Imame aus dem Ausland. Politisch regt sich seit Langem Kritik an diesem Modell. Seit einigen Monaten müssen Imame aus dem Ausland zumindest über einfache deutsche Sprachkenntnisse verfügen. Mit Initiativen wie dem Islamkolleg solle daher eine Alternative zum „ausländischen Einfluss auf die Ausbildung und das Wirken religiösen Personals in islamischen Gemeinden in Deutschland entwickelt werden“, hieß es aus dem Bundesinnenministerium.

Einige Islamverbände siehen die Pläne indes kritisch. Sie verweisen angesichts der staatlichen Finanzierung darauf, dass es nicht Aufgabe des Staates sei, Imame auszubilden, sondern Aufgabe der Religionsgemeinschaften.

Der wissenschaftliche Direktor des IKD, Bülent Uçar, wies diese Vorwürfe am 27. Oktober zurück und betonte, dass es am Kolleg keine inhaltliche staatliche Einflussnahme gebe – weder aus dem In- noch aus dem Ausland. Nach der Gründung mehrerer Institute für islamische Theologie an deutschen Hochschulen sei es nun an der Zeit, die praktische Ausbildung mit einem Imamseminar zu etablieren.

Für Uçar geht es dabei um viel: „Nach über 60 Jahren dauerhafter muslimischer Präsenz in Deutschland ist die Zeit längst überfällig, den Islam vollumfänglich dem Christentum und Judentum rechtlich wie strukturell gleichzustellen“, sagte er. Die Ausbildung am Islamkolleg solle der an Priester- und Rabbinerseminaren vergleichbar sein.

Wieviele der von den großen Verbänden unabhängigen Moscheegemeinden am Ende auf die am Islamkolleg ausgebildeten Imame setzen werden, ist noch offen. Uçar schätzte, man könne einige Hundert erreichen.

Zugleich bedauerte er, dass andere große Verbände außer dem Zentralrat keine Zusammenarbeit wollten, zeigte sich aber bereit im Rahmen der demokratisch-freiheitlichen Grundordnung zu kooperieren. IKD-Chef Begic ergänzte, man verstehe sich nicht als Konkurrenz, sondern als Erweiterung und Bereicherung.

Eine weitere große Herausforderung kann das Islamkolleg indes nicht selbst lösen: Häufig sind Imame, die nicht aus dem Ausland finanziert werden, im Vergleich sehr schlecht bezahlt. Daher appellierten Begic und Uçar an die muslimischen Gemeinden, sich finanziell besser aufzustellen. Zugleich müsse aber auch der Staat mehr Unterstützung bieten.