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Kardinal Charles Bo: „China hat keinen Respekt vor Religionen“

Foto: Sandra Sanders, Shutterstock

Derzeit findet die Weltgebetswoche für China statt. In diesem Jahr, so Kardinal Charles Bo, sollen Christen auch für den vorübergehend festgenommenen Kardinal Zen und die in China verfolgten Uiguren und Tibeter beten. Von Michael Lenz

Peking (KNA). „Ich sage nur China, China, China“, warnte Kanzler Kurt Georg Kiesinger 1969 auf einem CDU-Parteitag unter dem Eindruck der Kulturrevolution von Mao Zedong. Initiiert von Maos Nachfolger Deng Xiaoping, folgten in China Jahre der politischen Lockerung und kapitalistischen Öffnung einschließlich eines entspannteren Verhältnisses zwischen der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) und den Religionen. Damit ist Schluss, seit der amtierende Präsident Xi Jinping unter dem Schlagwort „Sinisierung“ eine neue Kulturrevolution begonnen hat.

2016 umriss er in einer großen Rede seine Politik der „Sinisierung“ – der Zwangsassimilierung ethnischer und religiöser Gruppen in den chinesischen Kommunismus – als Instrument zur Kontrolle der Kirchen und Religionen. Xi benutze seitdem in seinen Reden den Begriff „Glauben“, mit dem er den Glauben an den „Marxismus“ meine, wie William Nee von der Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders im asiatisch-pazifischen Politmagazin „The Diplomat“ (August 2021) schrieb. „Anstatt durch lebendige Evangelisierung zu expandieren, werden konkurrierende Glaubensrichtungen wie das Christentum gezwungen, sich vereinnahmen zu lassen und langsam durch den offiziellen Glauben der KPC ersetzt zu werden.“ Dabei sei Xi Jinping der „ultimative Schiedsrichter ihrer spezifischen Werte, Moral, Ethik und gesellschaftlichen Ziele“, so Nee.

Für Gläubige aller Religionen bedeutet die Sinisierung Unterdrückung, Verfolgung und Verhaftung. Zu Zehntausenden werden die muslimischen Uiguren in Umerziehungslager gesteckt. Der Masse der Christen droht diese Form der Zwangssinisierung aber eher nicht. „Sie können nicht 100 Millionen Christen wie die Uiguren in Konzentrationslager einsperren. Deshalb gehen sie gezielt gegen die Führer vor“, sagte Nina Shea, Direktorin des Zentrums für Religionsfreiheit des Hudson Instituts in den USA, im April dem katholischen Mediennetzwerk EWTN.

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Katholische Bischöfe und Priester verschwinden oft spurlos. Wie etwa in Baoding in der Provinz Hebei, wo zwischen Januar und April zehn Priester der Untergrundkirche verschwanden. Nach Informationen der Menschenrechtlerin Shea befinden sich derzeit zudem mindestens sechs katholische Bischöfe, von denen zwei in diesem Jahr festgenommen wurden, zur Umerziehung in „Geheimgefängnissen oder unter Hausarrest“.

Xi setzt zudem auf die Zerschlagung der Infrastruktur von Kirchen. Priester müssen sich registrieren lassen. „Zivilrechtlich registriert zu sein bedeutet nicht nur, ein Stück Papier zu unterschreiben. Wenn Sie sich registrieren, werden Sie in „das System“ eingeschrieben, was bedeutet, dass die Regierung eine Lizenz zum Predigen und zur Ausübung des öffentlichen Dienstes ausstellt“, sagte der Hongkonger Priester Vincent Woo gegenüber EWTN.

Bischof Bertram Meier, Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, erklärte anlässlich des katholischen Weltgebetstags für die Kirche in China, den „zahlreichen restriktiven Vorschriften über die religiösen Aktivitäten, für den Dienst der Amtsträger und die religiösen Stätten“ seien am 1. März neue „Maßnahmen für die Verwaltung religiöser Informationsdienste im Internet“ hinzugefügt worden. „Diese Maßnahmen werden eine religiöse Information und Kommunikation über das Internet und in den Sozialen Medien in absehbarer Zeit so gut wie unmöglich machen“, so der Augsburger Bischof. Das bereits seit längerem bestehende Verbot, Kinder und Jugendliche mit Religion in Kontakt kommen zu lassen, werde in allen Teilen Chinas immer konsequenter durchgesetzt, beklagte Meier.

Immer mehr rückt das nur kurz nach Beginn der Sinisierung geschlossene Geheimabkommen zwischen dem Vatikan und China über die Ernennung von Bischöfen ins Zentrum der Kritik. Die faktische einseitige Aufkündigung der mit Großbritannien vereinbarten 50-jährigen Autonomie Hongkongs durch das von China erlassene Sicherheitsgesetz im Sommer 2020 sehen viele Katholiken als Beweis, dass Peking nicht zu trauen ist. Benedict Rogers von der Menschenrechtsorganisation Hong Kong Watch sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): „China hat auch gezeigt, dass es keinen Respekt vor Religionen und dem Vatikan hat.“