Mali: Die Tuareg im Norden fühlen sich seit Langem schon benachteiligt. Von Katrin Gänsler

Ausgabe 203

Eine lose Koalition aus bewaffneten Tuareg, die seit Langem Ungerechtigkeit beklagen, und Ange­hörigen von Al-Qaida haben unter anderem ­Timbuktu eingenommen. Die NATO expandiert seit Jahren in dieser Region Afrikas.

(KNA). Im westafrikanischen Mali bleibt der Staatsstreich das alles beherrschende Thema. Eines ist jedenfalls klar: Allein die Absetzung von Ex-Präsident Amadou Toumani Toure löst den seit mehr als 20 Jahren schwelenden Konflikt im Norden Malis nicht. Aller­dings ­könnte nun endlich Bewegung in die ­verfahrene Situation kommen.

Die Zahlen sind alarmierend: Schätzungen zufolge haben mittlerweile rund 200.000 Menschen den Norden verlassen. „Der ganze Nordosten ist nicht mehr unter der Kontrolle der Armee“, erklärt Yehia Ag Mohamed Ali, nationaler Koordinator des deutschen Entwicklungshilfeprogramms Mali-Nord. Nicht viel besser sieht es im Nordwesten aus.

Bereits Mitte Januar hatten die ersten Flüchtlinge ihre Heimat verlassen. Denn seitdem nimmt die Tuareg-Armee MNLA (Nationale Befreiungsbewegung Azawad) immer weitere Teile der ­Region ein. Malische Soldaten mussten bisher mehr oder weniger machtlos zuschauen. Nicht-staatliche Helfer aber auch das UN-Flüchtlingshilfswerk, haben Flüchtlingscamps aus dem Boden gestampft und versuchen, Nahrungsmittel in die gebeutelte Region zu bringen.

Dabei ist das Problem nicht neu. „Es geht auf das Jahr 1990 zurück, als die Stadt Menaka angegriffen wurde“, sagt Yehia Ag Mohamed Ali. Damals hatten die Tuareg keine Chance gegen die übermächtige Armee: Ein Jahr später ­konnte allerdings ein erstes Abkommen zwischen den gegnerischen Gruppen unterzeichnet werden. Unter anderem wurde den Nomaden – schätzungsweise sind in Mali zehn Prozent der Einwohner Tuareg – eine bessere Integration in die malische Gesellschaft versprochen.

Nachhaltig verbessert hat sich die Situation für die Tuareg dadurch jedoch nicht. „Seit dem letzten Wechsel ist es zu Massakern gekommen“, sagt Yehia Ag Mohamed Ali. Diese lösten weitere Flüchtlingsströme in die Nachbarländer aus, vor allem nach Algerien. Von einer nachhaltigen Lösung auf politischer Ebene fehlt jedoch jede Spur.

Anders als früher verfügen die ­Tuareg über bessere Waffen. Zudem wird der malische Staat noch durch einen weiteren Gegner geschwächt: AQMI, El ­Kaida im islamischen Maghreb. Die Gruppe hat sich längst im Sahel ausgebreitet. Mit einer schnellen Lösung des derzeitigen Konflikts ist daher auch in der jetzigen Situation nicht zu rechnen