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Reiseblog Westbalkan: Olympia in der Herbstsonne

Olympia
Fotos: Autor

IZ-Herausgeber Abu Bakr Rieger auf den Spuren von Evliya Çelebi: Olympia zwischen Kult und Körperertüchtigung.

(iz). Es ist vermutlich einer der Höhepunkte jeder Griechenlandreise: Olympia. Im November wandern wir unter der Herbstsonne einsam durch die Anlagen. Und ja, man spürt den Geist vergangener Tage. Wir fragen uns, was für ein Menschentypus die Griechen waren, die hier in Harmonie mit ihren Göttern lebten.

Die Geschichte der Spiele wird auf das Jahr 776 vor Christus datiert. Mitte des 5. Jahrhunderts bot das Stadion 45.000 Zuschauer Platz. Legendär ist bis heute der heldenhafte Status der Sieger der verschiedenen Wettbewerbe.

Coubertin säkularisierte Olympia

Vor einem Jahr standen wir in Lausanne am olympischen Feuer vor dem Denkmal des französischen Pädagogen, Historiker und Sportfunktionär Pierre de Coubertin (1863-1937). Er war überzeugt, dass in der Erziehung neue Wege unerlässlich seien und die sportliche Ausbildung den ganzen Menschen in der Einheit von Körper, Geist und Seele erfassen soll.

Sein Credo: „Das Wichtigste im Leben ist nicht der Sieg, sondern der Kampf, das Wesentliche ist nicht, gewonnen zu haben, sondern gut gekämpft zu haben.“ Unter dem Eindruck der Ausgrabungen in Olympia trat er für die Wiederbelebung des Ereignisses ein und gründete 1894 das Internationale Olympische Komitee.

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Foto: Wikimedia Commons | Lizenz: gemeinfrei

Die moderne olympische Idee widersetzte sich nationalen Egoismen und trug zum Frieden und zur internationalen Verständigung bei. Dass diese Mission nicht einfach war, zeigte sich an der Vergabe der Veranstaltung in den 30er Jahren.

Nötig war zunächst ein Gestaltwandel: Die alten Griechen hatten kein Konzept von „Sport“, der Wettkampf diente ursprünglich der körperlichen Ertüchtigung der Soldaten und dem Lob der Götter. Die Sieger erhielten einen Olivenzweig als Symbol des Respektes und der Anerkennung.

Von einem französischen Journalisten gefragt, warum er die Berliner Nazi-Spiele unterstütze, antwortete Coubertin, das Wichtigste sei, dass sie grandios gefeiert würden. Dabei sei es egal, ob man sie als Tourismuswerbung für Südkalifornien wie 1932 oder als Werbung für ein politisches System wie 1936 verwende. In den letzten Jahrzehnten ist es vor allem die Kommerzialisierung der Spiele, die die Idee verändert.

Foto: Autor

Massenphänomen: Die Griechen kannten keinen „Sport“

Die Lebensreformbewegung der Jahrhundertwende verwandelte den Sport zum modernen Massenphänomen. Die geistigen Hintergründe der Körperertüchtigung nehmen einen prominenten Platz in Peter Sloterdijks Buch „Du musst Dein Leben“ ändern ein.

Der Philosoph zeichnet die Entwicklungsgeschichte der Spiele im Licht ihres antiken und religiösen Vorbildes nach. Er schreibt über die profane Realität des Sportes in der Moderne, zwischen Selbstoptimierung, Kommerz und Massenmobilisierung. Sein Fazit: „Die olympische Idee hat nur als säkularer Kult ohne ernstgemeinten Überbau überleben können.“

Der athletische Imperativ, der das ganze 20. Jahrhundert durchhallt, ist für den Philosophen von großer alltäglicher Bedeutung: „Überall, wo dieser Imperativ vernommen wird, sind wir kulturell auf der richtigen Seite, weil wir dann im griechischen Raum bleiben, in dem der Sport als eine Angelegenheit der Schönheit betrieben wird.“ Nur, wer denkt im Fitnessstudio oder auf der Laufstrecke über den antiken Ursprung unserer Körper-Ideale nach?

Foto: Danon, Adobe Stock

Auch Muslime finden Gefallen an der „Selbstoptimierung“

Die Einflüsse der Moderne sind an der muslimischen Praxis ebenso nicht spurlos vorbeigegangen. Begriffe wie „Lifestyle“ oder „Selbstoptimierung“ verändern den Kerngehalt des Ritus und die religiöse Handlung sieht sich oft als Gegengewicht und Ergänzung zu den Herausforderungen des von Arbeit und Technik bestimmten Alltags. Da man nicht rückwärtsgewandt leben kann, alles in permanenter Veränderung ist, stellt sich die Frage nach dem Spannungsbogen zwischen Offenbarung und Aktualisierung immer wieder neu. 

Im Museum in Olympia, dass die Geschichte der Stätten erzählt, lässt sich schon in der alten Zeit ein Gestaltwandel ablesen. Im Ursprung gab es keine Dialektik zwischen dem Heiligen und dem Profanen. In der Logik der allgegenwärtigen Götter existiert kein säkularer Raum. Im weiteren Verlauf, etwa im 4. Jahrhundert vor Christus, beobachtet man in den olympischen Anlagen den Beginn einer immer klareren Trennung zwischen den Tempeln und den Sportstätten.

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