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Hassrede in Indien verunglimpft vor allem Muslime

indien

Muslime in Indien leben zunehmend in Angst. Politiker beschimpfen sie als „Eindringlinge“. Aufrufe zur Zerstörung muslimischer Gebetsstätten werden laut.

Washington (KNA). In Indien ist die Zahl der Hassreden gegen religiöse Minderheiten im vergangenen Jahr stark angestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der US-amerikanischen Denkfabrik India Hate Lab.

Demnach gab es eine Zunahme um 74,4 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023, berichtete der asiatische katholische Pressedienst Ucanews.

Foto: Manoej Pateel, Shutterstock

Vor allem Muslime von Hass betroffen

Vor allem von Hassrede betroffen sind demnach Muslime. Sie seien in 98,5 Prozent der dokumentierten Fälle Ziel solcher Äußerungen gewesen. Das steht laut Untersuchung in Zusammenhang mit dem Wahlkampf der hindunationalistischen Partei von Premierminister Narendra Modi, der Bhartatiya Janata Party (BJP). Deren Ziel sei es gewesen, die hinduistische Mehrheit zu mobilisieren.

So verschärfte sich während des Wahlkampfs zur Parlamentswahl 2024, der größten der Welt mit rund 969 Millionen Wahlberechtigten, laut Analyse der Denkfabrik die Rhetorik gegenüber Muslimen. Modi nannte diese bei Auftritten etwa „Eindringlinge“. 

Die zunehmende Feindseligkeit habe bei zahlreichen Muslimen Ängste geschürt. Besonders alarmierend sei die steigende Zahl an Aufrufen zur Zerstörung muslimischer Gebetsstätten. Auch wurde auf dem Gelände einer im Jahr 1992 zerstörten Moschee ein hinduistischer Tempel eröffnet.

Foto: N. Modi, flickr | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Unter den Augen der BJP

Dokumentiert wurden im Jahr 2024 insgesamt 1.165 Hassreden. Über zwei Drittel dieser Vorfälle ereigneten sich in Bundesstaaten, die von der BJP oder ihren Verbündeten regiert werden. Mehr als 450 der Hassreden sollen von BJP-Politikern stammen, darunter 63 von Modi selbst. 

Zur Verbreitung hatten laut Bericht auch Soziale Medien beigetragen. 266 Hassreden führender BJP-Politiker wurden simultan auf offiziellen Social-Media-Kanälen der Partei veröffentlicht. Diese hatte in der Vergangenheit ähnliche Vorwürfe als unbegründet zurückgewiesen. 

In Indien leben rund 1,4 Mrd. Menschen. Knapp 80 Prozent sind Hindus. Zum Islam bekennen sich gut 14 Prozent. Die Anzahl der Christen liegt bei 2,3 Prozent.

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Kommentar: Schlimmer geht immer

trump schlimmer

Es kann schlimmer werden: Die Vorstellung, vor einem Dilemma zu stehen, entpuppt sich oft genug als falscher Gegensatz. (iz). In den vergangenen zwölf Monaten wurde in vielen einflussreichen Demokratien der […]

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Ein erkennbarer Trend: Muslime sind politisch zunehmend entfremdet

politik muslime entfremdet

Umfragen ergeben, dass sich Muslime heute politisch entfremdeter fühlen als vor 10 Jahren. Insgesamt beklagen die Deutschen den Trend zur Polarisierung.

(iz). Vier von fünf Bundesbürgern nehmen eine Spaltung der Gesellschaft wahr. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Evangelischen Kirche und der Diakonie.

Parallel dazu zeigt eine Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) einen deutlichen Vertrauensverlust der muslimischen Community gegenüber der Bundespolitik in den letzten zwei Jahren. Diese Ergebnisse deuten nach Ansicht der Autoren auf eine zunehmende politische Entfremdung hin, die laut Experten nicht primär auf migrationsspezifische Faktoren zurückzuführen ist, sondern tiefere strukturelle Ursachen hat.

Debattenklima gesellschaft Deportationsszenarien solingen

Foto: r.classen, Shutterstock

Trend: Bundesbürger beklagen zunehmende Polarisierung

Laut der Forsa-Erhebung sind 70 % der Deutschen überzeugt, dass Diskussionen von wichtigen Themen in der Öffentlichkeit heute weniger sachlich und respektvoll geführt werden als früher. Jeder Dritte (36 %) hat demnach schon selbst erlebt, dass Debatten über polarisierende Fragen unsachlich oder respektlos ablaufen. Knapp ein Drittel der Bundesbürger hat wegen unterschiedlicher Meinungen zu solchen Themen schon einmal den Kontakt zu Menschen aus dem eigenen Umfeld reduziert oder gar abgebrochen.

Von den 2.000 erwachsenen Bürgern, die von Forsa befragt wurden, äußerten sich 71 % besorgt über aktuelle Entwicklungen im Hinblick auf Rechtsextremismus. Etwa genauso viele Menschen (70 %) sehen Inflation als Sorgenthema. 57 % der Befragten nannten hier Migration, 65 % „Islamismus“ und 46 % Linksextremismus.

Die Meinungsforscher hatten den Teilnehmern die Frage vorgelegt: „Manchmal hört und liest man in den Medien die Aussage, unsere Gesellschaft sei gegenwärtig gespalten. Sehen Sie das auch so oder sind Sie nicht der Meinung, dass unsere Gesellschaft aktuell gespalten ist?“ 82 % der Befragten entgegneten mit „sehe ich auch so“, während 12 % erklärten, sie seien nicht dieser Ansicht. Die restlichen Teilnehmer machten hier keine Angabe oder antworteten mit „weiß nicht“.

Religiosität beziehungsweise Spiritualität spielt aktuell laut Umfrage für knapp ein Drittel der Bundesbürger (32 %) eine Rolle, wenn es um ihr mentales Wohlbefinden geht.

Entfremdung: Das Vertrauen in Politik schwindet

Ein Unsicherheitsfaktor für die in Deutschland lebenden Menschen mit Einwanderungsgeschichte ist das schwindende Vertrauen in Politiker. Das gilt laut einer Erhebung des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (Dezim) insbesondere für Personen, die sich selbst als Muslime identifizieren.

23 % von ihnen hatten bei einer Befragung 2022 angegeben, deutschen Politikerinnen und Politikern „überhaupt nicht“ zu vertrauen. Als ihnen 2024 die gleiche Frage vorgelegt wurde, vertraten 34 % der befragten Muslime diese Auffassung. Zum Vergleich: In der Gruppe der Menschen, die sich selbst als „nicht rassistisch markiert“ bezeichnen, lag der Anteil derjenigen, die Politikern überhaupt nicht vertrauen, zuletzt bei 19 %.

klima muslime

Foto: Deutscher Bundestag 7 Marc-Steffen Unger

Befragte mit bundesdeutscher Staatsangehörigkeit zeigten größere Skepsis (58 %) als jene ohne (33 %). In Deutschland gebürtige Muslime misstrauen der Politik stärker: 47 % vertrauen der Bundespolitik „gar nicht“, verglichen mit 28% der im Ausland geborenen.

Am 13. Februar reagierte die IGMG in einer Pressemitteilung auf die DeZIM-Befragung. Insgesamt gebe es Politikverdrossenheit in Deutschland. „Doch unter Musliminnen und Muslimen ist der Vertrauensverlust besonders groß. Die Islamische Gemeinschaft fordert eine Politik der Einbeziehung statt der Stigmatisierung“, erklärte IGMG-Generalsekretär Ali Mete. Er bezog sich in seinem Text auf die aktuelle NaDiRa-Studie (Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor). Dieser untersucht Ursachen, Ausmaß und Folgen von Rassismus in Deutschland.

Diese Entwicklung falle in eine Zeit, in der migrationsfeindliche Debatten den politischen Diskurs immer weiter nach rechts verschieben würden. Musliminnen und Muslime seien davon besonders betroffen: Stigmatisierung, Misstrauen und ausgrenzende Narrative verstärken das Gefühl, nicht als gleichwertiger Teil dieser Gesellschaft angesehen zu werden.

Die vergangenen Jahre seien geprägt von politischen Entscheidungen, die die muslimische Bevölkerung und andere rassistisch markierte Gruppen marginalisierten, statt sie einzubeziehen. „Verschärfungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht, eine immer weiter ausufernde Sicherheitsdebatte, die Muslime wiederholt unter Generalverdacht stellt, sowie eine politische Rhetorik, die Zugehörigkeit an Bedingungen knüpft – all das trägt dazu bei, dass sich muslimische Bürgerinnen und Bürger zunehmend von der Politik entfremden.“ (sw, ak)

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Debatte auf „Aiman’s Mosaik“: Sind Muslime politisch heimatlos?

mazyek parteien

Aiman Mazyek eröffnet auf seinem Youtube-Kanal pünktlich zur Bundestagswahl einen neuen Dialograum. (iz). Mit „Aiman’s Mosaik“ versucht der ehemalige Vorsitzende des ZMD, Aiman Mazyek, dem Diskurs über die Rolle der […]

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Radikalisierung des Wahlkampfs? Muslime warnen vor Hass

muslime wahlkampf

Wahlkampf 2025: Muslime verweisen auf die Relation von radikalisierten Diskursen und Zunahme antimuslimischer Verbrechen.

Köln (iz). Angesichts einer radikalisierten politischen Debatte im Bundestagswahlkampf um das Thema Migration und mit Blick auf den 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz warnten der Zentralrat der Muslime und die IGMG vor den Folgen der aktuellen Rhetorik parteipolitischer Akteure.

Muslime: Auf eine radikalisierte Sprache folgen Übergriffe

„Rassistisch konnotierte Migrationsdebatten haben schon immer einen Anstieg rassistisch motivierter Straftaten zur Folge gehabt. So ist es auch diesmal. Binnen weniger Tage wurden mehrere Moscheen bedroht“ erklärte Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass für die Erklärung waren verschiedene „Schmäh- und Drohbriefe“, sie an Moscheegemeinschaften geschickt wurden.

Seit dem Wiederaufflammen der migrationspolitischen Debatte hätten sich die Angriffe auf Musliminnen und Muslime und ihre Einrichtungen gehäuft. In den letzten Tagen hätten Moscheegemeinden in Düsseldorf, Dortmund und Hessen islamfeindliche Briefe mit massiven Beschimpfungen, Beleidigungen und Drohungen erhalten. In einem Fall konnte eine Freitagspredigt aus Sicherheitsgründen nicht gehalten werden.

„Zusätzlich kam es zu rechtsextremen Schmierereien an Moscheen, Schändungen sowie Beleidigungen und Angriffen auf muslimisch gelesene Menschen im öffentlichen Raum. Die muslimische Gemeinschaft in Deutschland ist zutiefst besorgt.“

Für den IGMG-Generalsekretär gebe es einen Zusammenhang zwischen „rechtspopulistischer Rhetorik“ und antimuslimischen Attacken. Das hätten Studien gezeigt. Wenn Werte wie Menschenwürde verletzt würden, entstehe ein Klima, so die Pressemitteilung, welches Ressentiments und Straftaten fördere. „Immer, wenn Menschenrechte und Menschenwürde zur Disposition gestellt werden, fühlen sich willige Vollstrecker ermutigt und verüben Straftaten. Die Geschichte hat gezeigt: Auf Worte folgen Taten.“

Pressebild: IGMG

Man appelliere an die Politik, den vorgegebenen Rahmen des Grundgesetzes nicht zu verlassen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass sich die Verhältnisse wiederholten, vor denen es schützen solle. „Mit großer Sorge haben wir in den vergangenen Tagen beobachtet, dass politische Parteien zentrale Menschenrechte infrage gestellt und sogar ihre Abschaffung erwogen haben. Das ist eine Zäsur. Dieses Verhalten hat Vertrauen zerstört und es wird lange nachwirken – weit über die Bundestagwahl hinaus.“

Zentralrat: „Nie wieder“ scheint nicht mehr für alle zu gelten

Am gleichen Tag, an welchem der Bundestag des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz gedachte, brachte die Union einen unverbindlichen Antrag zum Thema Migration ein, der mit Stimmen der AfD beschlossen wurde. Neben anderem veranlasste diese Verschiebung der politischen Landschaft den Zentralrat der Muslime, am 2. Februar seine Besorgnis angesichts der „aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen“.

Man befürchte, dass „das einstmals allgemeingültige Versprechen ‘Nie wieder’ in Deutschland“ nicht mehr für alle gelte. Während sich hiesige Vertreter auf Gedenkveranstaltungen zur „historischen Verantwortung Deutschland“ bekannten, würden Muslime hier „ein besorgniserregendes Ausmaß an Hass, Hetze und Gewalt“ erleben. Dieses Ressentiment werde nicht nur ignoriert, sondern „aktiv“ angeheizt.

Muslimfeindlichkeit

Die CLAIM Allianz stellte am 24. Juni 2024 ihr Lagebild „antimuslimischer Rassismus“ in Berlin vor. (Foto: imago | Jürgen Heinrich)

Die Fakten sprächen für sich: 2023 seien in der Bundesrepublik 1464 islamfeindliche Straftaten registriert worden, darunter 70 Angriffe auf Moscheen – ein Anstieg von über 140 % im Vergleich zum Vorjahr. „CLAIM dokumentierte 1926 Fälle von antimuslimischem Rassismus, mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Muslimische Frauen mit Kopftuch sind besonders betroffen.“ Der Zentralrat verwies auf die aktuelle Leipziger Autoritarismus-Studie 2024, wonach Vorurteile gegen Muslime längst in der Mitte des Landes angekommen seien.

„Die Folgen sind fatal: Bombendrohungen gegen Moscheen, Angriffe auf Muslime und muslimische Einrichtungen, Anfeindungen im Alltag (nur in den letzten Tagen: Düsseldorf, Essen, Duisburg, Köln, Penzberg). Statt einzuschreiten, lässt eine populistische Politik dies zu oder befeuert diese Entwicklungen sogar. Diese Gewalt ist kein Zufall, sondern das direkte Resultat einer gesellschaftlichen Atmosphäre, in der antimuslimischer Rassismus zunehmend als legitim betrachtet wird.“

Auch der Zentralrat der Muslime forderte von der Politik eine adäquate Antwort: Antimuslimische Straftaten müssten hartnäckig verfolgt, Moscheen besser gesichert und antimuslimische Diskurse in der Berichterstattung zurückgewiesen werden.

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Ampel-Bilanz: Es wurde viel Porzellan zerschlagen

ampel

Angriff auf Grundrechte, Abschiebedebatten, gesellschaftlicher Generalverdacht: Die Ampel-Regierung hinterlässt Rekordwerte in Sachen Ausgrenzung, Straftaten und Gewalt – und eine zutiefst verunsicherte muslimische Community.

(iz). Zum Schluss gab es noch einmal einen dicken Stinkefinger. Einen Tag nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz am 6. November 2024 das vorzeitige Aus der Ampel-Regierung verkündete, erklärten SPD, Grüne und FDP gemeinsam mit CDU/CSU und AfD noch ein letztes Mal deutsche Muslime zum Problem.

Mit der am 7. November verabschiedeten Bundestag-Resolution „Nie wieder ist jetzt“ sollte eigentlich jüdisches Leben geschützt werden. Tatsächlich tat die Ampel aber auch diesmal nur, was sie in den letzten drei Jahren perfektioniert hatte: eine autoritäre Politik auf Kosten der Schwächsten. Formulierungen vom „importierten Antisemitismus“ und Maßnahmen, die Judenfeindlichkeit vor allem mit Verschärfungen im Aufenthalts-, Asyl- und Staatsangehörigkeitsrecht bekämpfen sollen, hatten in ihrer AfD-Variante vor 2021 noch zurecht für große Empörung im Bundestag gesorgt.

Nun wurden die von Menschenrechtsorganisationen, Juristinnen und Kulturschaffenden einhellig kritisierte Resolution unter Applaus von SPD, Grünen und FDP verabschiedet. Nur das BSW widersetzte sich der Großen Koalition des anti-muslimischen und anti-migrantischen Generalverdachts. Die Linke enthielt sich.

Ampel-Regierung: Teilhabe um Jahrzehnte zurückgeworfen 

Autoritarismus, Migrationsfeindlichkeit, anti-muslimischer Rassismus eine bedingungslose Solidarität mit einer mörderischen und rechtsextremen israelischen Regierung. Das sind einige der Merkmale der Ampel-Politik der letzten drei Jahre. Mit einer kaum für möglich gehaltenen Vehemenz und Konsequenz hat die selbsterklärte Fortschrittskoalition das Ringen um Teilhabe und Gleichberechtigung in Deutschland um Jahrzehnte zurückgeworfen.

Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit, Migrations- und Asylpolitik, Schutz vor Gewalt und Diskriminierung: In all diesen Fragen stehen Geflüchtete, Muslime, arabischstämmige Menschen und viele weitere Menschen in Deutschland heute schlechter da als vor der Ampel. Der „zunehmenden Bedrohung von Musliminnen und Muslimen und ihren Einrichtungen“ wolle man mit „umfassendem Schutz, Prävention und besserer Unterstützung der Betroffenen“ begegnen.

Das war eines von vielen Versprechen, das SPD, Grüne und FDP den rund sechs Millionen muslimischen Menschen in Deutschland im November 2021 in ihrem Koalitionsvertrag gegeben hatten. Getan haben sie das Gegenteil.

Muslimfeindlichkeit Islamkonferenz debatte

DIK 2022. Ministerin Faeser im Gespräch mit einer Teilnehmerin. (Pressefoto: © Henning Schacht / Bundesinnenministerium)

Nur als Belastung oder Bedrohung

Dass an dem Versprechen nicht viel dran ist, merkte man zuallererst in der Migrationspolitik. Flüchtlinge tauchten in der Politik der Bundesregierung von Beginn an fast nur als Belastung und Bedrohung auf. Diskurse rund um Ausgrenzung und Stigmatisierung von Schutzsuchenden prägten die gesamte Legislaturperiode der Ampel.

Mit den mittlerweile zum Spottbegriff gewordenen „großen Bauchschmerzen“ billigten die Grünen im Juni 2023 den sogenannten EU-Asylkompromiss und damit eine repressive Migrationspolitik, von der vor einigen Jahren noch nicht einmal die AfD geträumt hatte.

Als SPD, Grüne und FDP das Gesetz absegneten, hagelte es Kritik durch Menschenrechtsorganisationen. Doch die Ampel machte genauso weiter. Drei von zahlreichen Beispielen: Die Verabschiedung des „Rückführungsgesetzes“ vom Oktober 2023, Olaf Scholz, der auf dem Cover von Der Spiegel forderte: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ und ein eigens zu Wahlkampfzwecken organisierter Abschiebeflieger nach Afghanistan im August 2024.

Die Chance war so groß wie nie

Nach Maßnahmen, die Teilhabe und Gleichberechtigung von Menschen in Deutschland verbessern, muss man in der Bilanz der Ampel lange suchen. Im Juli 2022 nahm die neu eingerichtete Antidiskriminierungsstelle des Bundes ihre Arbeit auf. Im Juni 2024 trat das neue Staatsangehörigkeitsgesetz in Kraft. Mit der Reform beendete die Ampel zwar endlich das diskriminierende Doppelpass-Verbot und ermöglichte schnellere Einbürgerungen, erhöhte aber gleichzeitig die Hürden hierfür.

Nennenswerte weitere Maßnahmen gegen Diskriminierung und für Gleichberechtigung gab es nicht. Dabei hatte die Ampel-Regierung hierfür eigentlich die besten Voraussetzungen. Im Juni 2023 stellte der noch von der Vorgängerregierung eingesetzte „Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit“ einen umfassenden, detaillierten und wissenschaftlich fundierten Blueprint für die Gleichberechtigung von Muslimen in Deutschland vor.

Doch bis zu ihrem Regierungsende hatte die Bundesregierung keine einzige der dutzenden Handlungsempfehlungen der Expertenkommission umgesetzt. Der 400 Seiten starke Bericht verschwand erst in der Schublade und schließlich im Schredder des Bundesinnenministeriums.

2023 muslime

Foto: Deutscher Bundestag / Janine Schmitz /photothek

Der 7. Oktober änderte alles

Mit ihrer ausgrenzenden Politik gegenüber Muslimen und Asylsuchenden wäre die Ampel wahrscheinlich dennoch nur als Fußnote in die Geschichte der deutschen Islam- und Migrationspolitik eingegangen. Zu sehr hat man sich schon an die kontinuierlichen Gesetzesverschärfungen und stigmatisierenden Debatten gewöhnt. Wäre da nicht der 7. Oktober 2023.

Der Angriff der Hamas bildete den Startpunkt zu einer in der bundesdeutschen Geschichte beispiellosen Stimmungsmache gegen muslimische und arabischstämmige Menschen, die im öffentlichen Diskurs über alle Parteien hinweg als „Antisemiten“ und „Terror-Sympathisanten“ dargestellt wurden. Die bedingungslose Solidarität mit der rechtsextremen und mörderischen israelischen Regierung wurde begleitet von einem kaum für möglich gehaltenen Ausmaß an Ausgrenzung, Kriminalisierung und Stigmatisierung in Deutschland. 

Allen voran auch diesmal: Politiker der Ampel in einer über die gesamten Parteienlandschaften gefeierten Rede zu „Israel und Antisemitismus“ behauptete Vize-Kanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am 2. November 2023 erst wahrheitswidrig, muslimische Repräsentanten in Deutschland hätten sich nicht von Hamas und Antisemitismus distanziert und drohte ihnen, sie würden „ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen“.

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Foto: Zairon, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 4.0

Razzien blieben ohne Empörung

Dass das nicht nur eine leere Drohung war, bekamen muslimische Gemeinden unter anderem am 16. November zu spüren. Hunderte Polizisten stürmten über 50 Moscheen und islamische Einrichtungen in Deutschland. Die Bilder von vermummten und schwer bewaffneten Polizisten auf Gebetsteppichen wären in normalen Zeiten Anlass für weitreichende Empörung über den Zustand von Religionsfreiheit und Minderheitenschutz in Deutschland gewesen. Nach dem 7. Oktober schaffte es die größten Razzia gegen Muslime in Deutschland bestenfalls in eine Meldung auf die hinteren Zeitungsseiten. 

Als Behörden ein halbes Jahr später am 24. Juli 2024 Hamburgs Imam-Ali-Moschee, eine der ältesten Moscheen des Landes und Zentrum des schiitischen Lebens in Deutschlands, beschlagnahmten, widersprach kaum noch jemand öffentlich. So sehr hatte man sich in zweieinhalb Jahren Ampel-Regierung schon an die Grundrechtseinschränkungen gegenüber Muslimen und die Erzählungen von angeblicher islamistischer Unterwanderung gewöhnt. 

Repression statt Dialog

Wie selbstverständlich eine Islampolitik- und Migrationspolitik, die allein auf Repression und Abschreckung setzt, unter der Ampel geworden ist, wurde auch bei der Islamkonferenz im November 2023 deutlich. Das einst von Wolfgang Schäuble als Dialogforum ins Leben gerufene Format, wandelte die Bundesinnenministerin zu einer Bühne für staatliche Bevormundung und Ausgrenzung.

Ohne Begründung lud sie den Zentralrat der Muslime kurzfristig von der Veranstaltung aus. Auch kein anderer muslimischer Repräsentant durfte sich an das Rednerpult stellen. Statt sich dem ursprünglich angesetzten Thema „Muslimfeindlichkeit“ zu widmen, nutzte die Bundesinnenministerin die Veranstaltung für eine paternalistische Rede, die zum größten Teil selbst aus Muslimfeindlichkeit bestand.

Polizei Gewalt

Foto: Tim Eckert, Shutterstock

Ampel-Politik führte zu Entfremdung

Insbesondere die Repressionen im Zusammenhang mit dem Krieg in Nahost forcierte die Ampel-Regierung seit dem 7. Oktober in einem Ausmaß und mit einer Vehemenz, dass man mit der Empörung kaum noch hinterherkommt: Verbote von palästinensischen Symbolen und Slogans, Demoverbote, Absagen (vermeintlich) propalästinensischer Veranstaltungen, von denen auch viele jüdische Kulturschaffende betroffen sind.

Dass Menschenrechtsorganisationen Deutschland mittlerweile regelmäßig für Einschränkungen von Meinungs- und Versammlungsfreiheit kritisieren, die Zahlen antimuslimischer Straftaten und Diskriminierungsfälle so hoch sind wie nie: All das gehört zur Bilanz von drei Jahren Ampel-Regierung. 

Fragt man Angehörige von marginalisierten Gruppen in Deutschland selbst nach ihrer Meinung zur Ampel-Regierung, dann verblasst aber selbst diese beispiellose rassistische Diskursverschiebung angesichts des Frusts über das Unrecht, das Israel mit deutscher Hilfe im Nahen Osten begeht.

Mit der bedingungslosen Unterstützung eines Krieges, der täglich neue Verbrechen und Massaker produziert und vielen Experten längst als Völkermord gilt, hat die Ampel-Regierung Millionen von Menschen in Deutschland in einem Maß von deutscher Politik und Gesellschaft entfremdet, wie es Jahrzehnte rechter Migrations- und Islamdebatten nicht geschafft haben. Diese Folgen von drei Jahren Ampel wird die deutsche Gesellschaft wohl auch dann noch spüren, wenn Scholz, Habeck, Lindner und Co. längst in Vergessenheit geraten sind.

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Merkel kritisiert CDU-Kurs zur Migration

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Angela Merkel verteidigt ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik. Deutschland habe – trotz aller Probleme – gezeigt, was es kann. Das Land dürfe sich seine Werte nicht von Terroristen stehlen lassen.

Berlin (KNA). Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigt das Offenhalten der deutschen Grenzen während der Flüchtlingskrise von 2015. „Ich hatte damals das Gefühl, ich hätte sonst die gesamte Glaubwürdigkeit der Sonntagsreden über unsere tollen Werte in Europa und die Menschenwürde preisgegeben“, sagte sie am 22. November im „Spiegel“-Interview. „Die Vorstellung, zum Beispiel Wasserwerfer an der deutschen Grenze aufzustellen, war für mich furchtbar und wäre sowieso keine Lösung gewesen.“

Zu Forderungen der Union, Asylbewerber an der Grenze zurückzuweisen, sagte Merkel: „Ich finde das nach wie vor nicht richtig.“ Es sei eine Illusion, anzunehmen, dass alles gut werde, wenn man die Flüchtlinge in die europäischen Nachbarländer zurückschicke.

Das Problem der illegalen Migration müsse europäisch gelöst werden. Sollte das der EU nicht gelingen, fürchtet Merkel „ein Stück Rückabwicklung der europäischen Integration, mit Folgen, die man nicht abschätzen kann“.

solingen messer

Foto: imago|Christoph Hardt

Mit Blick auf Gewalttaten von Flüchtlingen in Deutschland sagte Merkel, in jeder freien Gesellschaft gebe es fürchterliche Verbrechen. „Auch bei uns fing das nicht erst mit der Zuwanderung an.“ Entscheidend sei aber, „dass wir, neben der notwendigen Härte des Rechtsstaats, uns nie unsere Werte von Freiheit und Menschenwürde von den Terroristen nehmen lassen, dann hätten die gewonnen“.

Die Exkanzlerin betonte, sie habe die Ängste der Menschen vor zu viel Zuwanderung und islamistischem Terrorismus immer sehr ernst genommen. „Wenn man auf ein Volksfest geht und fürchtet, hinter mir zieht gleich einer ein Messer, dann ist das sehr verunsichernd, auch wenn es diese Gefahr in dem Moment vielleicht gar nicht gibt.“

Allerdings gebe es auch eine zweite Gruppe in der Bevölkerung, die Angst davor habe, „dass wir zu intolerant und hart werden. Als Kanzlerin muss ich beide Gruppen im Blick behalten“.

Mit Blick auf ihren wohl berühmtesten Satz „Wir schaffen das“ sagte Merkel: „Ich habe gewusst, dass nicht jeden Tag 10.000 Menschen kommen können.“ Deshalb habe sie auch das EU-Türkei-Abkommen verhandelt. „Und natürlich sind durch die Zuwanderung Probleme entstanden, aber wir haben auch gezeigt, was unser Land kann.“

Das Zusammenleben von verschiedenen Kulturen erfordere immer große Anstrengungen von allen Seiten. Ohne die Offenheit und Veränderungsbereitschaft auch der aufnehmenden Gesellschaft könne es keine Integration geben. „Voraussetzung ist ein Mindestmaß an Wissen über andere Kulturen, ich muss mich schon dafür interessieren.“

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Zwei Zäsuren in Deutschland

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Zäsuren der politischen Landschaft in Deutschland: Die AfD und das BSW dominierten die Landtagswahlen im Osten. „Die Ergebnisse der Parlamentswahlen in Sachsen und Thüringen am Sonntag (…) sorgen für weitere […]

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Soziale Medien: Wie den Kreislauf brechen?

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Hintergrundtext über das Verhältnis von sozialen Medien und politischer Gewalt. Eine Analyse nach dem Anschlag auf Trump. (The Conversation). Der gescheiterte Anschlag auf Donald Trump am 13. Juli 2024 hat […]

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Forscher: Rechtsextreme radikalisieren sich unglaublich schnell

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Neonazis, Reichsbürger, militante Corona-Leugner: Forscher warnen vor einer dramatischen Radikalisierung der extremen Rechten. Dabei spielen die Sozialen Medien eine große Rolle. Neu im Blick der Rechten: Umweltschutz. (KNA). Extremismusforscher haben […]

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