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Urteil gegen Aung San Suu Kyi erschwert Frieden

Foto: kitjanat burinram/EyeEm, Adobe Stock

Yangon/Brüssel/Bangkok (KNA). Mit deutlicher Kritik haben die Vereinten Nationen, die EU und Menschenrechtler auf die Verurteilung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zu vier Jahren Haft am 6. Dezember reagiert. „Die Verurteilung der Staatsrätin nach einem Scheinprozess in einem geheimen Verfahren vor einem vom Militär kontrollierten Gericht ist nichts anderes als politisch motiviert“, sagte die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet. „Es geht nicht nur um die willkürliche Verweigerung ihrer Freiheit – es schließt eine weitere Tür zum politischen Dialog.“

Auch die EU verurteilte das Verfahren als Politprozess. Es sei „ein klarer Versuch“, demokratisch gewählte Staats- und Regierungschefs wie Aung San Suu Kyi und die Nationale Liga für Demokratie von dem im Fünf-Punkte-Konsens von ASEAN geforderten inklusiven Dialogprozess auszuschließen, betonte der EU-Außenbeauftragte Josep Borell. Er bekräftigte die „uneingeschränkte Unterstützung“ der EU für die laufenden Bemühungen des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN, die Krise im Mitgliedsstaat diplomatisch zu lösen.

Phil Robertson, Myanmarexperte der internationalen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), nannte das Verfahren „vom ersten Tag an zu 100 Prozent politisch“. Es „wurde mit der klaren Absicht durchgeführt, sie für immer wegzusperren, damit sie nie wieder die Herrschaft des Militärs in Frage stellen kann“. Angesichts einer Serie weiterer Verfahren gegen Aung San Suu Kyi prophezeit Robertson, die Militärjunta wolle sicherstellen, dass sie „niemals wieder eine freie Frau sein wird“.

Der von den zehn ASEAN-Staaten im Mai beschlossene Fünf-Punkte-Konsens zur Lösung des Konflikts wird von der Junta in Myanmar boykottiert. Der Staatenbund ist in der Myanmar-Frage aber gespalten. Während Malaysia, Singapur und Indonesien für ein härteres Vorgehen gegen die Junta plädieren, halten autokratisch regierte Länder wie Thailand und Kambodscha ihre schützende Hand über das Militärregime. Kambodschas Premierminister Hun Sen als neuer turnusgemäßer ASEAN-Vorsitzender will die Junta wieder zu ASEAN-Konferenzen einladen. Myanmar sei „Teil der ASEAN-Familie“, ließ Hun Sen am Montag verlauten. Unter dem bisherigen ASEAN-Vorsitz von Brunei war Juntachef General Min Aung Hlaing in den vergangenen Monaten von zwei wichtigen Konferenzen ausgeschlossen worden.

Aung San Suu Kyi war am Montag wegen „Aufruf zum Aufruhr“ und wegen Verstößen gegen Corona-Schutzmaßnahmen zu vier Jahren Haft verurteilt worden, ebenso wie der Mitangeklagte ehemalige Staatspräsident Win Myint. Aung San Suu Kyi sieht sich mindestens zehn weiteren Verfahren unter anderem wegen Korruption und Hochverrat gegenüber. Im Falle von Verurteilungen können sich die Haftstrafen laut Experten auf 100 Jahre Gefängnis summieren.

Die deutsche Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert hingegen, die Medienberichterstattung über den Militärputsch und die juristische Verfolgung von Aung San Suu Kyi habe das Leiden der Rohingya in den Hintergrund gedrängt. Die Verbrechen gegen die muslimische Minderheit hatten schon unter der letzten Militärdiktatur begonnen; Aung San Suu Kyi hatte sie als Regierungschefin verteidigt. „Jetzt verschleiern die konstruierten Anklagen gegen sie die weit größeren Vergehen an den Rohingya“, sagte die GfbV-Referentin Genozid-Prävention, Jasna Causevic. Im Januar 2020 hatte der Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein Verfahren wegen Völkermord gegen Myanmar eröffnet. Die Militärjunta ignoriere jedoch die Auflagen des Gerichtshofes.