Hintergrund: Bundespräsident Gauck besucht am Donnerstag das Islam-Zentrum an der Uni Münster

Münster (KNA). Es ist eine Geste der Anerkennung. Wenn Bundespräsident Joachim Gauck am Donnerstag die Universität Münster besucht, gilt sein besonderes Interesse dem dortigen Zentrum für Islamische Theologie (ZIT). Die relativ junge Einrichtung bildet Lehrer für den noch neuen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht an Schulen aus. Doch in die Feststimmung mischen sich Unmutsäußerungen.

Denn der ZIT-Leiter Mouhanad Khorchide stößt beim Koordinationsrat der Muslime (KRM) auf Widerspruch. Die Dachorganisation von vier islamischen Verbänden wirft Khorchide vor, nicht wie ein Vertreter einer bekenntnisorientierten Religion zu argumentieren, sondern wie ein Orientalist. In Büchern wie «Scharia – der missverstandene Gott» vertritt Khorchide eine gemäßigte Form des Islam und lehnt eine buchstabengetreue Erfüllung von Gesetzen ab. Die Verbände haben ein Gutachten über den Professor angekündigt. Aber auch radikale Salafisten um den Prediger Pierre Vogel machen gegen Khorchide mobil. Parallel zum Besuch des Bundespräsidenten wollen sie gegen den Wissenschaftler demonstrieren.

In einem anderen Streitpunkt bahnt sich indes eine Lösung an. Bislang hat sich noch nicht der Beirat konstituiert, der über das Lehrpersonal und die Lehrinhalte bestimmen soll. Diese Aufgabe soll das Gremium ersatzweise übernehmen, da die islamischen Verbände nicht wie die Kirchen als Religionsgemeinschaft staatlich anerkannt sind.

Im Beirat sollen jeweils vier von der Universität ernannte Personen und vier vom KRM vorgeschlagene Vertreter mitarbeiten. Doch ein von der Uni benanntes Mitglied zog sich zurück. Und ein Platz des KRM ist bislang unbesetzt, weil es gegen die vorgeschlagenen Personen Bedenken wegen der Verfassungstreue gab. Trotz der Beirats-Blockade läuft der Lehrbetrieb bereits seit einem Jahr. Professoren wurden aber nur befristet angestellt, das Curriculum semesterweise fortgeführt. Die Verbände fühlen sich übergangen.

Nun aber sieht es so aus, dass der Beirat seine Arbeit in naher Zukunft endlich aufnehmen kann. Denn die Uni hat bereits einen Ersatz in Aussicht genommen, der indes das Plazet der Verbände finden muss. Der KRM seinerseits hat auch einen neuen Personalvorschlag unterbreitet. Dem Vernehmen nach hat die betreffende Theologin grünes Licht von der Bundesregierung, die sich an der Finanzierung des Islam-Zentrums beteiligt.

Wie es aber mit dem unter Druck geratenen Khorchide weitergeht, ist offen. Er wehrt sich gegen die Kritik der Verbände, die sich seine Lehrveranstaltungen gar nicht näher angeguckt hätten. Wenn er in jedem Buch mit mehr als 400 Koranversen argumentiere, sei das «keineswegs die Vorgehensweise eines Orientalisten oder eines Islamwissenschaftlers». Zugleich räumt Khorchide Fehler im Umgang mit den Verbänden ein. Wenn er sich mit ihnen häufiger an einen Tisch setzen würde, ließe sich «einiges an Missverständnissen» beseitigen. Grundsätzlich könnte der Beirat ihn auch abberufen – wenn er denn mal funktioniert.