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Klima im Lande: Viele fürchten Spaltung – Muslime zunehmend politisch entfremdet

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Foto: Deutscher Bundestag 7 Marc-Steffen Unger

Gegendemonstranten bei Parteiveranstaltungen, Streit im Bekanntenkreis – der Meinungsstreit hat viele Gesichter. Auch Muslime fühlen sich politisch entfremdet.

Berlin (dpa, iz). Vier von fünf Bundesbürgern nehmen eine Spaltung der Gesellschaft wahr. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Evangelische Kirche und der Diakonie.

Parallel dazu zeigt eine Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) einen deutlichen Vertrauensverlust der muslimischen Community gegenüber der Bundespolitik in den letzten zwei Jahren.

Diese Ergebnisse deuten nach Ansicht der Autoren auf eine zunehmende politische Entfremdung hin, die laut Experten nicht primär auf migrationsspezifische Faktoren zurückzuführen ist, sondern tiefere strukturelle Ursachen hat.

Mehrheit sieht das heutige Klima skeptisch und fürchtet Unsachlichkeit sowie Polarisierung

Danach sind 70 % der Deutschen überzeugt, dass Diskussionen über wichtige Themen in der Öffentlichkeit heute weniger sachlich und respektvoll geführt werden als früher.

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Jeder Dritte (36 %) hat demnach schon selbst erlebt, dass Debatten über polarisierende Fragen unsachlich oder respektlos ablaufen. Knapp ein Drittel der Bundesbürger hat wegen unterschiedlicher Meinungen zu solchen Themen schon einmal den Kontakt zu Menschen aus dem eigenen Umfeld reduziert oder gar abgebrochen.

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AfD-Kanzlerkandidatin Weidel spricht vor Kameras. (Juergen Novak, Shutterstock)

Was den Leuten Sorgen macht: Inflation und Rechtsextremismus

Von den 2.000 erwachsenen Bundesbürgern, die Forsa befragt hat, äußerten sich 71 Prozent besorgt über aktuelle Entwicklungen im Hinblick auf Rechtsextremismus. Etwa genauso viele Menschen (70 Prozent) sehen Inflation als Sorgenthema. 57 Prozent der Befragten nannten hier Migration, 65 Prozent Islamismus und 46 Prozent Linksextremismus.

Die Meinungsforscher hatten den Teilnehmern die Frage vorgelegt: „Manchmal hört und liest man in den Medien die Aussage, unsere Gesellschaft sei gegenwärtig gespalten. Sehen Sie das auch so oder sind Sie nicht der Meinung, dass unsere Gesellschaft aktuell gespalten ist?“

82 % der Befragten entgegneten mit „sehe ich auch so“, während 12 % erklärten, sie seien nicht dieser Ansicht. Die restlichen Teilnehmer machten hier keine Angabe oder antworteten mit „weiß nicht“.

Religiosität beziehungsweise Spiritualität spielt aktuell laut Umfrage für knapp ein Drittel der Bundesbürger (32 %) eine Rolle, wenn es um ihr mentales Wohlbefinden geht.

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Foto: imago | Ina Peek

Muslime erleben Vertrauensverlust in die deutsche Politik

Ein Unsicherheitsfaktor für die in Deutschland lebenden Menschen mit Einwanderungsgeschichte ist das schwindende Vertrauen in Politiker. Das gilt laut einer Erhebung des deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (Dezim) insbesondere für Personen, die sich selbst als Muslime identifizieren.

23 % von ihnen hatten bei einer Befragung 2022 angegeben, deutschen Politikerinnen und Politikern «überhaupt nicht» zu vertrauen.

Als ihnen 2024 die gleiche Frage vorgelegt wurde, vertraten 34 % der befragten Muslime diese Auffassung. Zum Vergleich: In der Gruppe der Menschen, die sich selbst als „nicht rassistisch markiert“ bezeichnen, lag der Anteil derjenigen, die Politikern überhaupt nicht vertrauen, zuletzt bei 19 %.

Befragte mit bundesdeutscher Staatsangehörigkeit zeigten größere Skepsis (58 %) als jene ohne (33 %). In Deutschland gebürtige Muslime misstrauen der Politik stärker: 47 % vertrauen der Bundespolitik „gar nicht“, verglichen mit 28% der im Ausland geborenen.