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Landtagswahlen in Hessen und Bayern: Verbände rufen zur Stimmabgabe auf

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Landtagswahlen: Am 8. Oktober wird in Hessen und Bayern gewählt. Muslimische Organisation riefen zur Wahlbeteiligung auf.

Köln/Berlin (dpa/iz). Am kommenden Sonntag wird in den bevölkerungsreichen westdeutschen Bundesländern Bayern und Hessen ein neuer Landtag – und damit eine neue Landesregierung – gewählt. Spannende Fragen dabei sind bspw. das Abschneiden der AfD sowie ein mögliches Einziehen der freien Wähler in das Wiesbadener Landesparlament.

Landtagswahlen: Zentralrat der Muslime ruft zur Wahl auf

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), eines der sieben Mitglieder im Koordinationsrat der Muslime (KRM) rief am Freitag „die Bürgerinnen und Bürger muslimischen Glaubens“ auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Pressebild: Zentralrat der Muslime in Deutschland

Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, sagt dazu: „Wir sind Teil Deutschlands, und wir unterstreichen in unseren Gemeinden mit unserer Aktion ‘Meine Stimme zählt’ unsere Verantwortung als Deutsche und als Muslime, für unsere Demokratie und den Erhalt unserer freiheitlichen Grundordnung einzustehen. Jede Stimme, die nicht abgegeben wird, ist zudem eine Stimme für die falsche Seite, die eine gefährliche Spaltung in unser Land bringt.“

„Deutsche Staatsbürger muslimischen Glaubens bewerten die Demokratie und das Funktionieren des politischen Systems in Deutschland positiver als der Durchschnitt der Bürger. Dies geht aus einer älteren Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach hervor. So halten 81 Prozent der muslimischen Bürger die Demokratie für die beste Staatsform, im Vergleich zu 70 Prozent der Gesamtbevölkerung“, hieß es in einer diesbezüglichen Pressemitteilung des ZMD.

Dabei merkte der Zusammenschluss von einzelnen Vereinen und Verbänden an, dass die bisherige Wahlbeteiligung stimmberechtigter MuslimInnen in der Bundesrepublik vergleichsweise niedrig sei.

Das liege unter anderem daran, weil „kaum eine politische Partei nachhaltig die Interessen der Muslime vertritt oder als Korrektiv von Diskussionen fungiert, wo auf Kosten der Muslime antimuslimische Ressentiments geschürt oder Muslime ausschließlich dann erwähnt werden, wenn es um den sog. ‘Islamismus’ und ‘innere Sicherheit’ geht“.

Foto: Martin Kraft, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0

DITIB-Hessen fordert „aktive Teilnahme an den Landtagswahlen“

Zeitgleich forderte der DITIB-Landesverband in Hessen die BürgerInnen des Bundeslandes dazu auf, sich an der Stimmabgabe zu beteiligen.

„Im Besonderen richtet sich der Wahlaufruf an die Gemeindemitglieder sowie Bürgerinnen und Bürger muslimischen Glaubens, die im Angesicht ihrer Verantwortung vor dem Menschen und vor Gott aufgerufen sind, sich für eine vielfältige demokratische Gesellschaft einzusetzen.“

Diese Wahl böte die Möglichkeit, die Anliegen der muslimischen Community im Bundesland vorzutragen. So lasse sich gewährleisten, „dass ihre Stimmen gehört und berücksichtigt werden, so etwa beim Religionsunterricht, bei der Seelsorge und den Wohlfahrtsdiensten“.

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Religionsunterricht: Zentralrat in NRW beendet Bemühungen um Kommission

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Der Zentralrat in NRW zog eine Klage zurück, mit der er eine Mitgliedschaft in der Kommission erreichen wollte.

(KNA/iz). Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) kann weiterhin keinen islamischen Religionsunterricht im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen mitgestalten.

Der Verband zog seine Klage zurück, mit der er eine Mitgliedschaft in der Kommission erreichen wollte, die in NRW über die Lehrinhalte des islamischen Religionsunterrichts und die Lehrerlaubnis für die Religionslehrkräfte entscheidet. Das teilte das Verwaltungsgericht Düsseldorf am Montag KNA mit. Für Freitag war eine mündliche Verhandlung angesetzt.

Foto: Falkschule, Hamm

Zentralrat und andere nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt

Weil die muslimischen Verbände nicht als Religionsgemeinschaften anerkannt sind, bestimmt ersatzweise eine Kommission über die Inhalte des Religionsunterrichts. In ihr sind ein halbes Dutzend muslimische Verbände vertreten. Regierung in Düsseldorf hatte die Kommission vor zwei Jahren gegründet und damit einen Beirat ersetzt, dem staatliche Vertreter und nur vier große muslimische Dachverbände angehörten, darunter der ZMD.

Die Landesregierung verweigerte dem Zentralrat die Mitarbeit in der neuen Kommission mit der Begründung, er würde Verbindungen zu Organisationen mit verfassungsfeindlichen Tendenzen pflegen. Mit der Rücknahme der Klage und der Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sei diese Entscheidung nun bestandskräftig geworden, hieß es auf KNA-Nachfrage aus dem Schulministerium.

NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hatte die Existenz der Kommission verteidigt. Ohne sie könne das Land den Ausbau des islamischen Religionsunterrichts nicht voranbringen. Alle teilnehmenden Verbände hätten der Landesregierung vertraglich zugesichert, dass sie eigenständig und staatsunabhängig seien und die Verfassungsprinzipien achteten, sagte sie im November im KNA-Interview.

Foto: LV Zentralrat NRW, Facebook

Dachverband will sich neu ausrichten

Als Reaktion entschied sich nun der NRW-Landesverband (LV ZMD NRW) in seiner Vorstandssitzung am 15.05.2023, das Verfahren gegen das das Bundesland nicht weiter zu betreiben. Man werde sich in Kürze zudem sowohl inhaltlich als auch personell neu ausrichten. Das Klageverfahren war ohnehin im Wesentlichen im Kontext des seinerzeit geführten Eilverfahrens (2020) angestrengt worden“.

Es „von Beginn an“ die Rechtsauffassung des Verbands gewesen, wonach das von der NRW-Regierung einsetzte Kommissionsmodell „eine unzulässige Einmischung“ in die verfassungsgemäße Zuständigkeit einer Religionsgemeinschaft darstelle. Diese Ansicht „konnte im Laufe der Entwicklungen bedauerlicherweise nicht entkräftet werden“.

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Zentralrat begrüßt neue EU-Koordinatorin Lalisse

Die neue EU-Koordinatorin zur Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit, Marion Lalisse, hat nach Einschätzung des Zentralrats der Muslime in Deutschland eine „Mammutaufgabe“ vor sich.

Berlin/Brüssel (KNA). Es sei ein immer weiterer Anstieg von Muslimfeindlichkeit und „gleichsam eine immer stärkere Leugnung dieses Rassismus in rechten Kreisen in Europa“ zu beobachten, erklärte der Zentralrats-Vorsitzende Aiman Mazyek am Donnerstag in Berlin. Die Wiederbesetzung der Koodinatorenstelle durch die EU-Kommission sei eine „richtungsweisende Entscheidung“.

Die EU-Diplomatin Lalisse, zuvor unter anderem im Jemen, in Mauretanien und in Marokko tätig, war am Mittwoch zur Anti-Islamfeindlichkeit-Beauftragten ernannt worden, nachdem die Stelle über anderthalb Jahre vakant war. Zuvor saßen der Malteser David Friggieri und der Italiener Tommaso Chiamparino auf dem 2015 geschaffenen Posten, ohne wesentliche Außenwahrnehmung zu erreichen.

Die EU-Kommissarin für Gleichstellungsfragen, Helena Dalli, erklärte zur Berufung von Lalisse, die neue Koordinatorin solle Maßnahmen gegen den Hass sowie gegen „strukturelle und individuelle Diskriminierung von Muslimen“ auf den Weg bringen.

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Gespräche zwischen ZMD und DFV: Stehen „solidarisch hinter der Feuerwehr“

Berlin (ZMD). Seit Jahren verfolgen der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) und der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) gemeinsame Ziele. Zur Fortsetzung des Dialogs trafen sich der DFV-Präsident Karl-Heinz Banse und der ZMD-Vorsitzende Aiman A. Mazyek zum größeren Austausch.

Beide hatten sich sofort nach der Silvesternacht schockiert über die Ausschreitungen gegen Einsatzkräfte geäußert. Auch Tage nach den Ereignissen zeigte sich Mazyek betroffen: „Es ist Konsens in unserer deutschen Gesellschaft und muslimischen Communities, dass Gewalt gegen Feuerwehrleute absolut verwerflich ist, ja auch im religiösen Sinne eine Sünde darstellt.“

Banse kündigte an, die Bekämpfung von Gewalt gegen Einsatzkräfte zu einem Schwerpunktthema für 2023 zu machen und lud den ZMD ein, sich daran zu beteiligen. Der ZMD hat zudem Unterstützung bei der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in das Feuerwehr-Ehrenamt angeboten. „Die Türen islamischer Einrichtungen stehen den Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr offen.“

Der staatsbürgerlichen Pflicht gegenseitiger Hilfe könnten religiöse Verbände auch theologischen Rückhalt bieten. So sind in vielen Religionen Barmherzigkeit und der solidarische Schutz vor Katastrophen fest verankert. Soziale Wohltätigkeit („Zakat“) gilt als eine der fünf Säulen des Islams. Der ZMD zählt darum das „Erfolgsmodell Freiwillige Feuerwehr“ zu den deutschen „Exportschlagern“, die die international insbesondere in der muslimischen Welt vernetzte deutsche Religionsgemeinschaft in Zukunft stärker in ihr Programm einbauen wird.

Im Gespräch war auch die Beteiligung im Beirat des DFV neben der Mitgliederwerbung, in der Notfallseelsorge und bei interreligiösen Gottesdiensten. An dem Gespräch nahmen u.a. auch der DFV-Geschäftsführer Rudolf Römer und ZMD-Generalsekretär Abdassamad El Yazidi teil.

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Zentralrat der Muslime verurteilt Gewalt gegen Demonstranten im Iran

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Berlin (dpa). Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) hat die Gewalt der iranischen Sicherheitskräfte gegenüber Demonstranten verurteilt. „Viele deutsche Muslime haben großen Respekt vor dem Mut der protestierenden Frauen auf iranischen Straßen“, sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). „Sie bangen um Demonstrantinnen und Demonstranten, die brutal von iranischen Sicherheitskräften niedergeknüppelt werden.“

Zugleich warnte Mazyek davor, dass die Entwicklung im Iran hier dazu genutzt werde, „um erneut das Feindbild Muslim zu schüren und so Zwietracht zwischen Muslimen und Nichtmuslimen zu säen“. Als Beispiel nannte er den Farbanschlag auf eine Moschee in Hamburg am Wochenende, bei dem ein 71-Jähriger leicht verletzt wurde.

In einer Aktuellen Stunde debattiert der Bundestag am Mittwoch über die landesweiten Proteste im Iran. Dort hatte der Tod einer jungen Frau, die wegen ihres Kleidungsstils von der „Sittenpolizei“ in Gewahrsam genommen worden war, für große Empörung in der Bevölkerung gesorgt. Die Proteste dauern seit Tagen an. Mazyek betonte, dass es aus muslimischer Sicht „weder einen Kopftuchzwang noch einen Zwang, kein Kopftuch zu tragen“ geben dürfe.

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Neunköpfiges Team: Zentralrat der Muslime wählt neuen Vorstand

Köln (ZMD/iz). Am Sonntag, den 18.09.2022, trat der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) zu seiner ordentlichen Vollversammlung in Köln zusammen. Dabei wurde der bisherige Vorsitzende, Aiman Mazyek, mit absoluter Mehrheit wiedergewählt.

Der bisherige Generalsekretär, Abdassamad El Yazidi, wurde in seiner Funktion bestätigt. Neu im Vorstand sind die Stellvertretenden Vorsitzenden, Frau Özlem Başöz und Daniel Abdin, und ebenso der Schatzmeister Mohamed Abu El-Qomsan. Als neue Beisitzer sind Samir Bouaissa und Abdelkarim Ahroba gewählt worden, sowie die ehemaligen Stellvertreter Frau Nurhan Soykan und Dr. Mohammed Khallouk, die das neunköpfige Team des ZMD-Vorstandes komplettieren.

Die Zusammenarbeit des ZMD mit den muslimischen Verbänden, mit Politik und Gesellschaft in Bund und Länder soll weiter fortgesetzt werden – so das einhellige Votum des obersten Gremium des ZMD. Zudem will der ZMD-Vorsitzende verstärkt die regionalen Strukturen und Moscheemitglieder des ZMD weiter in seine Arbeit integrieren.

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Abdassamad El Yazidi über den KRM: „Gute Ergebnisse nicht kleinreden“

Abdassamad El Yazidi wurde 1975 im hessischen Langen geboren, wo er in Dreieich zur Schule gegangen ist. Der Deutschmarokkaner kommt aus dem kaufmännischen Bereich. Nach einem Engagement in einer lokalen […]

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25 Jahre Tag der Offenen Moschee: Starke Vorbehalte gegen Islam

Der Tag der Offenen Moschee wird 25 Jahre alt. Bundesweit laden Moscheegemeinden wieder am 3. Oktober ein. Vorurteile und Misstrauen gegenüber dem Islam sind weiter verbreitet. Muslime sehen sich Hassbotschaften und Attacken ausgesetzt, klagen Verbände. Von Yuriko Wahl-Immel

Köln/Münster (dpa/iz). Vorbehalte gegenüber dem Islam in größeren Teilen der Gesellschaft, ein weit verbreitetes Negativbild, Angriffe auf Moscheen, auf Muslime – und mittendrin der Tag der Offenen Moschee. Schon zum 25. Mal laden die Moscheegemeinden in diesem Jahr bundesweit ein.

Bewusst am 3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit, als Zeichen der Verbundenheit und Zugehörigkeit. Selbst ein Vierteljahrhundert nach Start der Initiative lassen sich die Probleme aber nicht ausblenden. Antimuslimische und rassistische Töne seien unüberhörbar geworden, sagt Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime. „Das bekommen wir Muslime richtig ab, auch mit Hassbotschaften und Attacken.“

Der Tag der Offenen Moschee war 1997 auf Anregung des ZMD ins Leben gerufen worden. „Das Konzept, sich offen allen Fragen zu stellen und Vorurteile möglichst auszuräumen, ist in beide Richtungen aufgegangen – für die Moscheegemeinden wie auch die Besucher“, bilanziert Mazyek. Allerdings: „Es ist kein Streichelzoo. Es kommen auch Personen mit sehr festgefahrenen Vorstellungen und geballten Vorurteilen. Das können dann sehr anstrengende Gespräche werden. Aber wir sehen auch immer wieder Bewegung und das ermutigt.“

Rund 5,5 Millionen Muslime leben in Deutschland. Zugleich hält sich Skepsis gegenüber dem Islam hartnäckig, wie Studien zeigen. So nimmt etwa dem aktuellen repräsentativen „Religionsmonitor“ der Bertelsmann Stiftung zufolge jeder zweite in Deutschland den Islam als Bedrohung wahr. Rund 13 Prozent wurden demnach 2019 als islamfeindlich eingestuft.

Mit Blick auf Ablehnung und hundertfache Angriffe auf Muslime und Moscheen im Jahr sieht Mazyek Rückschritte. Er hoffe, dass von einer neuen Bundesregierung „nicht nur Sonntagsreden zum Zusammenhalt kommen, sondern auch echtes Engagement für die Umsetzung von Gleichstellung und Gleichbehandlung des Islam in Deutschland.“

Seit 2007 organisieren die im Koordinationsrat der Muslime (KRM) zusammengeschlossenen mittlerweile sechs Islamverbände den Tag gemeinsam. Er sei „Türöffner“ und „das älteste und verbreitetste Öffentlichkeitsprojekt der Muslime in Deutschland“, unterstreicht der KRM in einem Magazin zum 25. Geburtstag. Man knüpfe Kontakte, wolle Zerrbilder korrigieren, Vertrauen schaffen

 Deutschland habe ein Problem mit Islamfeindlichkeit, zugleich spüre man aber auch ein steigendes Interesse am Islam. Dieses Jahr lautet das Motto „Moscheen gestern und heute“. Mehr als tausend Moscheegemeinden machen mit. Die bundesweite Auftaktveranstaltung findet in der Kölner Zentralmoschee der Türkisch Islamischen Union DITIB statt.

Die Christlich-Islamische Gesellschaft lobt das „niederschwellige“ Angebot. Der Moscheetag sei „ein Ankerpunkt, der es vielen Menschen ermöglicht hat, zum ersten Mal überhaupt eine Moschee zu betreten“, schildert eine Sprecherin. Kennenlernen, Begegnung und Wissenserwerb hätten eine große Bedeutung. Islam wie Christentum seien sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst.

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Der KRM scheint vor der Auflösung – ist das Teil eines Problems, oder eher die Lösung?

(iz). Vor jeder Reflexion oder Kritik am organisierten Islam in Deutschland, muss natürlich für alle beitragenden Akteure zunächst die Selbstkritik stehen. Salopp gesagt, „nobody is perfect“ und es ist für den neutralen Beobachter immer leichter zu kritisieren, als selbst aktiver Teil einer positiven Lösung zu sein. Natürlich ist es aber auch für uns Muslime legitim, sich an den inhaltlichen Debatten zu beteiligen und auch öffentlich auf diverse Widersprüche hinzuweisen. Kein Verband darf sich heute noch ernsthaft über dieses Phänomen beklagen, gerade auch, weil sich viele Verbandsvertreter selbst inzwischen gerne in den Medien positionieren. Eine ganz andere Frage ist es, ob eine echte innerislamische Debatte – im Vergleich zum kühlen Austausch von Pressemitteilungen – immer noch der bessere Weg wäre, um gemeinsam auf dem Teppich zu bleiben.

Wer sollte aber so einen konstruktiven Austausch organisieren? Beinahe ironisch klingt es heute, wenn man hier zunächst an einen „Koordinationsrat der Muslime“ denken sollte. Mit diesem Anspruch, eine Vertretung der Muslime zu sein – und großen Hoffnungen – ist der KRM 2007 an den Start gegangen. Der erste KRM-Sprecher, Ayyub Axel Köhler, erklärte damals selbstbewusst der „Mitteldeutschen Zeitung“: „Wir vertreten viel mehr Leute, als bei uns Mitglied sind.“ Der damalige Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, pries ausdrücklich die „Handlungsfähigkeit“, welche die Muslime mit der Gründung des KRM bewiesen hätten. Das war gestern. Die Macher zeichnen sich in diesen Tagen eher durch Wortkargheit gegenüber ihrer eigenen Basis aus und klären kaum öffentlich auf, was die Lage des Rates wirklich ist.

Heute, einige Jahre nach der vollmundigen Ankündigung einer neuen Einheit der Muslime, scheint der KRM nach internen Querelen jedenfalls kaum noch handlungsfähig. Vielleicht wird er künftig nur noch den jährlichen Ramadankalender und eine Pressemitteilung zum Eid-Fest veröffentlichen. Will man verstehen, warum das so ist, muss man sich zunächst über die Konstruktionsfehler des Über-Verbandes klar werden. Tatsächlich ist das Scheitern des zentralen Koordinierungsgremiums der Muslime auf Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners nicht wirklich überraschend. Dies hat weniger mit den involvierten Persönlichkeiten zu tun, sondern eher mit den oft unreflektierten Techniken der Macht, an die uns der politische Islam über die Jahre gewöhnt hat.

Es wäre tatsächlich ein Feld für sich, über Phänomene wie „islamischer“ Staat und „islamischer“ Verein und den aus diesen Formen entstehenden Habitus grundsätzlich nachzudenken. Hierher gehört auch die Historie der beteiligten Verbände; oft von Immigranten gegründet, die im deutschen Vereinsrecht zunächst die einzige mögliche Organisationsform für ihre muslimischen Anliegen vorfanden. Es ist keine Nebensächlichkeit, dass das eigentlich zentrale Anliegen politischer Formation im Islam, die lokale und unmittelbare Verteilung der Zakat, in dieser Rechtsform gerade nicht nach altem Vorbild umgesetzt wurde. Über Jahrhunderte war die Erhebung und gerechte Verteilung der Zakat die Legitimationsbasis politischer Führung überhaupt. Den organisierten Islam interessierte die korrekte, dezentrale Umsetzung dieser Säule des Dins weniger. Er strebte durch Mitgliedsbeiträge, Zakat-Zahlungen ins Ausland und durch die Mehrung der Vereinsmitglieder in erster Linie nach dem profanen Machtzuwachs, der mittels Vereinsrecht erreichbar schien. Das unterschwellige Machtkalkül der Verbände stellte aber auch die Idee einer echten Einheit der Muslime von Beginn an in Frage.

Da muslimische Vereine sich gerade ihrer inneren Struktur nach und nur über die eigene Machtsteigerung definieren, war die Idee einer politischen Einheit der Verbände von jeher fragil. Bisher war es für jede Organisationen unausgesprochen klar, dass eine Zeitung, die Schule oder die Moschee die „eigene“ sein müsse.

Die Idee einer offenen Infrastruktur dagegen – zum Beispiel Stiftungen, die den Muslimen an sich gewidmet ist und außerhalb der eigenen Machtstruktur verortet wird – blieb diesem Denken naturgemäß fremd. Im Organisationsmuster wurde die Lehre dem politischen Willen der Verbände untergeordnet und die „ökonomischen Akteure“ – zum Beispiel die erfolgreichen muslimischen Geschäftsleute – organisatorisch ausgegrenzt.

Es gab aber noch andere Probleme, die der Koordinationsrat von Beginn an nicht überwinden konnte. Die unterschiedlichen Mitgliederzahlen der Beteiligten hätten jeden demokratischen Prozess in dieser politischen Einheit ad absurdum geführt. Die Folge war ein lähmendes Vetorecht des größten beteiligten Verbandes, der DITIB. Eine starke, gar den Verbänden übergeordnete Führungsebene des Koordinationsrates war aber auf dieser Grundlage des Politischen von vornherein undenkbar; hätte sie doch von einer übergeordneten Ebene aus agieren können. Unter diesen Umständen durfte der KRM weder finanziell, noch personell wirklich erstarken.

Vielleicht wäre es immer noch möglich, etwas guten Willen vorausgesetzt, diese Konstruktionsprobleme durch eine kleinere, aber effektive Agenda zu überwinden. Natürlich könnte zum Beispiel eine würdige Repräsentanz der Muslime in Berlin wünschenswert sein. Nach wie vor gibt es einigen Koordinationsbedarf und nach wie vor gilt das Argument, dass ein Untergang des KRM letztlich auch die gesellschaftlichen Ansprüche der Muslime schwächen würde. Es ist schon jetzt absehbar, das kleinere Verbände leichter gegeneinander ausgespielt werden können. Tatsächlich scheint diese pragmatische Möglichkeit einer pro forma Einheit nun auch durch persönliche Konflikte erschwert.

Der Streit um den agilen, an sich aber relativ kleinen „Zentralrat“ der Muslime (ZMD) unter Führung seines Vorsitzenden, Aiman Mazyek, zeigt hier das aktuelle Dilemma. Seine Stärke sind weniger die großen Mitgliedszahlen, als das „symbolische Kapital“, das sich der Vorsitzende Mazyek über jahrelange Medienarbeit hart erarbeitet hat. Während die türkischen Verbände nur langsam und mühsam eine Sprache für den Diskurs fanden, hat Mazyek längst schon viele unterschiedliche Themenfelder auf öffentlicher Bühne besetzt.

Nicht immer ist der Entscheidungsprozess dabei transparent und oft wirkt es für Außenstehende, als würde hier sogar im Namen aller Muslime gesprochen. In der letzten Pressekonferenz des ZMD – aufgeschreckt durch Angriffe der Partnerverbände, die den Vorwurf lanciert hatten, der ZMD würde sich auf Kosten aller Muslime profilieren – stellte Mazyek dann klar, dass man keinen Anspruch auf Vertretungsmacht aller Muslime stelle und sich zunächst eben alleine entwickeln wolle. Und – etwas gönnerhaft – fügte die Vizechefin des ZMD Soykan hinzu, es könnten ja auch die anderen Verbände die öffentliche Bühne suchen.

So tritt Mazyek weiter auf, hält Festreden auf der Dresdner Opernbühne, diskutiert mit dem DFB, bekommt das „Seniorensiegel“ verliehen und ist so beinahe täglich in den Medien präsent. Spätestens seit seinem Ausflug mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, einem Duzfreund Mazyeks, in die Golfregion, begegnet dem umtriebigen ZMD-Chef dabei auch des Öfteren Neid und Missgunst. Sachlicher wirkt die Kritik, dass er – übrigens ähnlich wie SPD-Chef Gabriel – recht sprunghaft Positionen und Themen wechselt. So war bei seinem heftig kritisierten Vorstoß für ein Islamgesetz nach österreichischem Vorbild schnell nicht mehr klar, ob er denn ursprünglich dafür oder dagegen war. Allerdings wirkte sein Seitenhieb gegen die Fremdfinanzierung türkischer Imame dann schon wie das bewusste Durchtrennen der Freundschaftsbande mit den türkischen Partnern.

Es ist keine Frage, dass Aiman Mazyek immer wieder die muslimische Sache wortgewaltig vertritt. Sein Gespür für die Situation, zum Beispiel bei der Organisation der Berliner Mahnwache gegen den Terrorismus, die er mit Unterstützung großer Parteien perfekt inszenierte, rechtfertigt noch keine Ablehnung. Er hat auch Recht, wenn er postuliert, dass Muslime in Deutschland endlich ankommen müssen. Es wäre sogar logisch und für alle Muslime naheliegend, dass er mit seinen Talenten auch dem Koordinationsrat etwas mehr Leben verleiht. Nur, auch hier holt ihn eben die Logik der Machtansprüche wieder ein.

Die türkischen Verbände fürchten, dass ein agiler KRM-Sprecher oder selbstbewusster Generalsekretär inhaltliche Fakten schaffen könnte. Gleichzeitig hört man aus den Reihen der DITIB, dass man an einem zentralen Verband sowieso wenig Interesse habe; man befürchte eine Art kirchliche Struktur, die dem pluralen Charakter des Islam eben nicht entspreche. So sagt man wohl in diplomatischen Worten Adieu zu den Bemühungen, übergeordnete Koordination weiter gedanklich zuzulassen.

Im Ergebnis wird wohl jeder wieder für sich bleiben und ZMD-Boss Mazyek wird so künftig – wie bereits angekündigt – in erster Linie den Ausbau des Zentralrats vorantreiben. Im schlimmsten Fall wird er dabei als geschickter ­Stratege, und mit entsprechender Medienunterstützung, das Markenzeichen „liberal“ für seinen Verband beanspruchen und die antiquierte Dialektik „Konservative gegen Liberale“ für sich und seine Organisation nutzen. Die so überfällige wie mühsame Einebnung der des­truktiven Logik von „Liberalen gegen Konservative“ wäre damit „politisch“ wieder aufgehoben.

Was also tun? Vielleicht ist es de facto einfach ehrlicher, die plurale Struktur unserer Gemeinschaften zu akzeptieren. Zumindest das Ausloten gemeinsamer Interessen sollte dies natürlich nicht ausschließen. Es droht damit die weitere Verödung der innerislamischen Diskussionen, schon jetzt drehen sich die Verbände viel zu sehr um sich selbst. Andererseits, ist es vielleicht auch einfach an der Zeit, die gewohnte Bevormundung durch politische Vereine und den facettenreichen politischen Islam an sich in Frage zu stellen. Es erinnern sich viele schließlich an die zeitlose islamische Weisheit: „Wer die Macht für sich will, ist dafür am Wenigsten geeignet.“

Für nicht wenige Muslime sind es bereits heute die anderen, unverzichtbaren Elemente islamischen Zusammenlebens – wie Stiftungen, NGOs und unabhängigen Gemeinden –, die Querverbindungen zwischen den Muslimen herstellen, sich bewusst dem Machtspiel entziehen und wichtiger geworden sind, als der ewige Tanz um die Macht.

Eine anderer Trend kündigt sich ­ebenso an. Viele junge Muslime an der Basis können mit dem Zentralismus der 1980er Jahre wenig anfangen. Sie sind in Deutschland zu Hause und leben auch nicht mehr mit der Logik ethnischer Trennlinien. Sie wollen etwas vor Ort tun, keine Bürokratie aufbauen und nicht nur Befehlsempfänger sein. Als Organisationsmodell der Basis, die den höchsten gemeinsamen Nenner sucht, wie die Zakat, bietet sich von jeher das Umfeld lokaler Moscheegemeinden an. Den jungen Leuten geht es dort weniger um Repräsentation, als um die alltäglich gelebte und immer mögliche Erfahrung der Einheit im Rahmen überzeugender Wissensvermittlung. Wenn sie Parteiatmosphäre erleben wollen, dann gehen sie eben gleich in die Politik. Eine starke, „verjüngte“ Basis wird auch ohne Mühe die Verhältnisse umkehren; also von unten nach oben ermächtigen, statt von oben nach unten dominiert zu werden.

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Ersin Özcan: „Ich halte die Diskussionen für sehr unglücklich“

(iz). Die Debatten rund um das Islamgesetz in Österreich haben in den letzten Wochen auch Muslime und Politik in Deutschland beschäftigt. Forderungen nach einem ähnlichen Gesetz wurden auch hier laut. […]

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